Gestern war vielleicht nicht die rhetorische und politische Sternstunde der gerade erst frisch gekürten deutschen Außenministerin Anna-Lena Baerbock.
Man weiß nicht, ob sie hinter dem, was sie da in die Kamera sagte, innerlich auch stand, aber es klang etwas konstruiert, fast schon absurd. Putin, neuerdings nach juristischer Definition ein Kriegsverbrecher, führt einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg in der Ukraine, in Europa, der womöglich demnächst auch auf die EU übergreifen könnte. Die EU will nur wirtschaftlich reagieren, aber die deutsche Bundesregierung blockiert die schärfste wirtschaftliche Waffe, die sofort wirken würde, den Ausschluss Russlands aus dem Swift-Zahlungssystem. Warum? Man möchte weiterhin Geschäfte machen. Blutgeld.
Gestern versuchte Frau Baerbock, zu erläutern, warum die deutsche Bundesregierung Swift nicht aussetzen will. Man könne so ja der russischen Oma kein Geld mehr aus dem Westen schicken. Man könne auch keine russischen Organisationen mehr unterstützen.
Frau Baerbock gibt an, Völkerrecht studiert zu haben, zumindest ein bisschen. Von daher erstaunt es schon, was sie nun sagt. Denn es geht ja gerade darum, Putin den Rückhalt in der russischen Bevölkerung zu entziehen. Wenn die russische Oma kein Geld mehr aus dem Westen bekommt, wird sie not amused sein. Sie wird dann womöglich, so das Kalkül, verstehen, dass der Herr im Kreml irgendwas nicht im Griff hat. Genau darum geht es doch. Und Organisationen in Russland unterstützen? Gerade erst hat Putin Memorial verboten sowie alle derartigen Vereine. Welche Organisation sollte man denn noch unterstützen in Russland mit Geld aus dem Westen? Gibt es da noch welche?
Was Anna-Lena Baerbock nur am Rande erwähnt, war, dass man ja kein russisches Erdöl und Erdgas mehr kaufen könnte, wenn man Russland aus dem Swift-Zahlungssystem nehmen würde. Aber hallo, Frau Baerbock, das ist doch genau der Plan.
Angeblich sei die Versorgungssicherheit der EU und Deutschlands mit Erdöl und Erdgas dann gefährdet, angeblich auch die Stromversorgung, obwohl selbst Deutschland noch ein paar Atomkraftwerke hat und Deutschlands Nachbarländer ohnehin. Frau Baerbock, haben Sie sich das denn ganz korrekt durchgerechnet? Ihr Parteikollege und derzeitiger Vizekanzler Robert Habeck hatte da irgendwie etwas ganz anderes gesagt.
Ja, es ist klar, die Blockade von Swift in Russland kostet Deutschland und die EU sehr viel Geld. Diese Blockade wird Russland jedoch viel mehr kosten und Putin das Geld entziehen, mit dem er seine Autokratie stärkt, sein Militär aufrüstet, die Ukraine angreift und bereits verbal weitere europäische Länder bedroht. Auf was wollen Sie eigentlich warten Frau Baerbock? Und auf was will Bundeskanzler Scholz warten, der meinte, das ginge ja auch nicht so schnell mit diesem Ausschluss aus Swift, dass wolle ja gut vorbereitet sein. Herr Scholz, hatten Sie nicht immer gesagt, alles sei gut vorbereitet? Was haben Sie denn eigentlich die letzten drei Monate seit Ihrem Amtsantritt gemacht? Man hatte ja nicht allzu viel von Ihnen gehört.
Lesen Sie hier eine Begründung, weshalb man Russland, wenn man den Frieden in Europa will, ganz schnell aus Swift ausschließen müsste, koste es, was es wolle. Whatever it takes. Hier lesen.
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Zusatz-Info: Eine Aussetzung von Swift in Russland würde übrigens nicht automatisch bedeuten, dass Unternehmen aus Deutschland und der EU das Geld von russischen Schuldnern nicht mehr zurück erhalten würden. Nur kurzfristig nicht, mittel- oder langfristig durchaus, pacta sunt servanda; sofern in Russland überhaupt noch Rechtssicherheit gewährleistet ist, was man aufgrund der aktuellen Lage allerdings bezweifeln darf.