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Münchens seelenlose Gebäude

München ist schön und nennt sich Weltstadt mit Herz. Es gibt aber, wie in jeder Stadt, auch diese Ecken, wo man sich fragt, was sich die Architekten eigentlich gedacht haben.

Z.b. auf der Fahrstrecke Richtung Hauptbahnhof. Diese wurde in den letzten Jahren nach und nach flankiert mit Bürogebäuden, dahinter, etwas abgeschottet vom Lärm der Bahn, exklusive und teure Wohnungen.

Nun haben die Architekten wohl schon alles versucht, um sich selbst einerseits ein monumentales Denkmal zu setzen, andererseits etwas dort hinzustellen, was irgendwo als schick oder schön oder zumindest als zeitgemäß bezeichnet werden könnte. Und in der Tat, die durchweg graue Farbe, die man lange Zeit als avantgardistisch hielt, haben sie doch weitgehend ablegen können. Das ist schon mal ein Gewinn. Denn als ich noch als Architekt arbeitete, galt es als das höchste der Gefühle, einmal ein gewagtes Grau zu verwenden. Soviel Farbigkeit war damals ok. Jenseits von Grau gab es aber nichts Gutes.

Das Problem an großen Gebäuden ist allerdings immer das gleiche. Ab einer gewissen Größe und einer Nutzung als Büro sehen die Gebäude dann immer etwas eintönig aus. Wie Bürogebäude eben. Und insofern sind sie ehrlich, form follows function: was außen wie ein Bürogebäude aussieht, ist innen eben auch eins. Nicht unbedingt hässlich wie die Nacht, aber auch im Umkehrschluss nicht schön wie der lichte Tag.

Einerseits muss man den Gebäuden, die man hier sehen kann, zugute halten, dass die Architekten zumindest versucht haben, die Fassaden ein wenig aufzulockern, andererseits sind die Dimensionen der Gebäude eben so, dass jede Auflockerung zwar gut gemeint ist, vom Kern her aber im Grunde fehlschlagen muss.

Und so gibt es also auch in München diese Perspektiven, an denen man am besten schnell mit dem Auto vorbeifährt, um dann wieder in schönere Stadtteile zu gelangen. Denn von den schönen Ecken in München gibt es ja doch recht viele. Zum Glück. Weltstadt mit Herz eben.

Als Wunsch an die Architekten-Gilde und all diejenigen, die noch in diesem Beruf arbeiten müssen oder vielleicht sogar auch wollen, würde ich formulieren wollen, wagt doch einmal mehr Individualität und Verspieltheit bei euren Bauwerken. Denn an euren Gebäuden laufen die nächsten Jahrzehnte Generationen von Menschen vorbei und sie werden von ihnen geprägt. Derzeit nicht allzu positiv, wie ich finde, sondern allzu funktional. Das ginge doch besser und schöner. Und vor allem irgendwie mehr in menschliche Maßstäbe gerückt. Denn die Kunst ist, so finde ich, ein überdimensionales Gebäude irgendwie so aussehen zu lassen, als hätte es mit den menschlichen Größenverhältnissen noch etwas zu tun.

Ich weiß, es ist schwierig. Aber ich muss das Ganze ja auch nicht umsetzen. Ich tue und rede mich da leicht. Trotzdem, nehmt es mal als Denkanstoß in eure Büros mit hinein. mehr Kreativität, mehr Individualität und mehr menschliche Bezüge und Größenverhältnisse bei euren Gebäuden. Das wäre es. Und das würde die Gesellschaft sicher in eine positive Richtung beeinflussen.

Denn Architektur muss nicht immer nur Ausdruck der aktuellen Gesellschaft sein, Architektur kann auch in eine Richtung lenken. Und da seid dann ihr gefragt. Ihr könnt mit der Art, wie ihr Gebäude gestaltet, ein klein wenig mitwirken, dass die Gesellschaft menschlicher und farbiger und fröhlicher und individueller wird. Denn graue Menschen von der Stange möchte heute eigentlich niemand mehr. Das Leben soll bunt und fröhlich sein.

Brevis vita, ars longa.

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3 Kommentare

  1. hanneselch

    Ich finde den Text sehr gelungen. Zwar bin ich weder Architekt, noch lebe ich in München, aber ich sehe das auch in vielen anderen Städten.
    Wir könnten ruhig etwas mehr Mut gebrauchen. Nicht nur in der Architektur.
    Es muss ja nicht verrückt sein. Aber inspirierter düfte Deutschland sich schon verkaufen.

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