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Weshalb Sie nicht tun, was Sie eigentlich wollen

Ist der Mensch in seinen Entscheidungen frei und kann so entscheiden, wie er möchte? Das ist die eigentliche Frage, die in der Überschrift anklingt. Und man könnte auch fragen, ist der Mensch ein autonomes Wesen?

Es gibt hierauf unterschiedliche Antworten.

Man könnte beispielsweise sagen, der Mensch ist durch seine Sozialisation geprägt, vielleicht so stark, dass er gar nicht mehr anders werden könnte, als der, der er geworden ist. Eine etwas resignative Sicht.

Einige Vertreter der modernen Hirnforschung sehen die Welt deterministisch und auch das, was im Gehirn geschieht. Das Gehirn sei eine Art Computer, ein gewaltiges Uhrenwerk aus Zahnrädern, das man im Grunde ganz genau vorausberechnen könnte. Es erscheine den Menschen nur so aus der „Erste-Person-Perspektive“, dass er einen freien Willen habe, aus der „Dritte-Person-Perspektive“ heraus jedoch, also aus dem Blick der Gehirnforschung, sei dies eine Illusion. Eine Sicht, die einerseits Verständnis für das Verhalten von Menschen eröffnet, weil auch hier Menschen gar nicht viel anders können, als so zu handeln, wie sie im Laufe ihrer Sozialisation geworden sind und aufgrund ihrer genetischen Anlage. Dennoch stimmt ein rein deterministisches Bild nicht, es ist sicherlich falsch. Denn spätestens im Bereich der Quantenphysik muss man sich eingestehen, dass man nicht mehr von Determinismus reden kann. Man kann dort nicht wirklich Vorhersagen treffen, was mit kleinsten Energiequanten geschehen wird.

Dann kommen wir zum christlichen Bild.

Zuvor aber noch eine Frage.

Gerne hört man hierzulande und heutzutage, man solle aus seinem Leben etwas machen, man solle sich entscheiden, man solle dies oder das durchziehen, man solle planen, man solle sich selbst verwirklichen.

Alles gute Vorsätze, die man sicher auch ernst nehmen soll und die teilweise auch zu einem Ergebnis führen. Allerdings führt nicht alles, was man vorhat, dann wirklich zur Realisierung.

Paulus beschreibt es einmal so. Das Gute, das ich will, das tue ich nicht, aber das Böse, das ich nicht will, das tue ich.

Paulus, das war einer der ersten und bedeutendsten Apostel, dessen Sichtweise in die Heilige Schrift, in die Bibel, eingegangen ist und uns bis heute noch vorliegt. Und wenn er über solche Dinge klagt, er, der alles richtig machen will, dann ist das natürlich schon etwas deprimierend. Wie sollen wir dann etwas hinbekommen, wenn er es schon nicht schafft?

Jetzt die gute und die schlechte Nachricht.

Christlich gesehen ist der Mensch kein autonomes Wesen. Zumindest kein völlig autonomes Wesen.

Einerseits schon, denn er besitzt die Möglichkeit Ja und Nein zu sagen. Er ist also keine Marionette Gottes, sondern er hat einen eigenen Willen. Das ist positiv, schafft aber auch gewisse Verpflichtungen und Probleme. Nämlich dann, wenn man etwas tun möchte, es auch bejaht, aber trotzdem nicht schafft.

Und in dieser Hinsicht ist der Mensch andererseits eben nicht autonom, christlich gedacht, er kann zwar etwas für richtig halten, er ist dann aber manchmal zu schwach, es durchzusetzen.

Kennen Sie das vielleicht auch an sich, Sie wollen etwas unbedingt, Sie wissen, es ist gut, es ist richtig, aber Sie schaffen es nicht?

Dazu findet sich folgende Perikope im Neuen Testament. Es geht um einen jungen, reichen Mann, der das ewige Leben erhalten möchte.

Liest man Matthäus 19, 17 ff, wird ist dort folgendermaßen berichtet: dieser junge, reiche Mann fragt Jesus, wie er das ewige Leben erlangen könne. Jesus antwortet, er solle sich an die Gesetze halten und nach ihnen leben. Der junge Mann sagt, ja, ja, das tue er ja schon längst.

Dann fährt Jesus fort: dann gib deinen Reichtum den Armen und folge mir nach.

Traurig geht der Mann weg.

Und zwar vermutlich traurig deswegen, weil er für sich erkannt hat, wie er das ewige Leben erlangen kann. Er kann sich aber nicht überwinden, sich so zu ändern, dass es funktionieren würde und er dieses Ziel erreichen könnte.

Jesu Jünger sind zutiefst verunsichert und erschüttert von seinen Worten. Wie kann denn dann überhaupt einer ins Reich Gottes kommen fragen sie? Da geht doch eher ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in Gottes Reich kommt.

Jesus antwortet, für Menschen ist dies nicht möglich, es aus eigener Kraft zu erlangen, für Gott ist es aber schon möglich.

Etwas beunruhigend das Ganze. Wie ist das aber gemeint? Darf man nun nicht mehr reich sein?

Das wäre die eine Lesart. Manche leiten daraus ein Armutsideal ab. Ich vermute aber, dass damit etwas anderes gemeint ist.

Jesus stellt hier einen Sachverhalt sehr überspitzt da. Jemand möchte etwas unbedingt erreichen, in diesem Fall das Wichtigste überhaupt, was es geben kann, nämlich nach dem Tod ein ewiges Leben bei Gott haben zu dürfen und zu können. Dieses Ziel ist im Grunde wichtiger als alles andere auf dieser Welt. Dennoch kann der junge, reiche Mann dieses Ziel nicht zufriedenstellend ansteuern.

Es hindert ihn etwas, was er sich selbst gebastelt hat. Martin Luther nennt dies einen Götzen. Ein Götze, das ist das, woran du dein Herz hängst. Das ist gewissermaßen ein Gott, den du dir selbst gebastelt hast. Einen Gott, den es nur in deiner Fantasie und deinen Gedanken gibt. Der aber durchaus mächtig ist und Macht über dich hat.

Dieser Gott heißt für den jungen, reichen Mann Geld. Und das Geld ist deswegen womöglich für ihn so interessant, weil es andere Bedürfnisse abdeckt. Es gibt ihm Sicherheit. Es gibt ihm das Gefühl von Macht. Das Gefühl von Anerkennung. Vielleicht auch das Gefühl, von anderen geliebt zu sein, ob seines Geldes wegen, wenngleich dies natürlich Unsinn ist.

Und weil all diese Bedürfnisse mit dem Geld verknüpft sind, stehen sie einer autonomen Entscheidung völlig im Weg. Der junge, reiche Mann möchte zwar, aber er kann nicht. Zu viele Ängste und Bedürfnisse hindern ihn daran, klar entscheiden zu können.

Es geht hier, noch einmal wiederholt, vermutlich gar nicht so sehr um das Geld an sich, sondern darum, dass man den Blick für Gott sich schnell selbst verstellt.

Und etwas genereller ausgedrückt: dass man ein Ziel erreichen möchte und auch weiß, dass es gut ist, aber dass viele Triebe und Gefühle und Impulse und Ängste und Sorgen einen daran hindern, sein Ziel zu erreichen.

Jesus fährt fort: den Menschen ist es nicht möglich, Gott aber schon.

Und so ist es wohl auch tatsächlich, wir Menschen sind nicht so autonom, wie wir es gerne hätten. Wir können uns aber an Gott wenden im Gebet und ihn darum bitten, uns in zentralen und wichtigen Fragen die richtigen Gedanken zu schicken. Denn mit einem kleinen Gedanken fängt alles an. Und mit einem kleinen Gebet.

Und das ist die gute Botschaft. Ergriffen von Gott können wir Menschen neue Wege gehen und neue Schritte und können ausbrechen aus den inneren Gefängnissen, aus denen wir sonst nicht herauskommen würden.

Falls dies gerade ein Thema für Sie sein sollte, versuchen Sie es selbst einmal. Mit einem Gebet: Gott, gib mir bitte die richtigen Gedanken, um in deinem Sinne mein Leben so lenken zu können, dass es ein gutes Leben wird. Amen.

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2 Kommentare

  1. flitzerglitzer

    Wie verhält es sich, wenn ich etwas aus Pflichtgefühl tue? Für einen Mitmenschen oder die Gemeinschaft? Ich weiß, dass es das Richtige ist, aber ich fühle mich dadurch ausgenutzt und über den Tisch gezogen. Ich möchte dieses Gefühl nicht zulassen, denn anderen helfen ist ja an sich etwas das ich gerne tue. Und wenn ich diese Aufgabe nicht erledige, muss sie eventuell ein Freund von mir übernehmen, das möchte ich ihm auch nicht aufs Auge drücken. Deshalb meine Frage: Ist eine gute Tat auch dann noch gut, wenn ich sie mit Widerwillen erledige?

    • theolounge.blog

      Gute Frage. Immanuel Kant würde sie als gut nur bezeichnen, wenn man sie auch tun will. Er vertritt zwar eine Pflichtethik, derzufolge man das tun soll, von dem man erkannt hat, dass die Aufforderung, es zu tun, als allgemeines Gesetz gelten könnte. Dennoch hat er auch einen Anteil an Gesinnungsethik mit in seinem Konzept, nämlich so, wie oben beschrieben.
      Aber Immanuel Kant ist ja nur einer von vielen. Wenn es Ihnen um etwas ganz Konkretes gehen sollte, wäre es sicher sinnvoll, einfach mal andere darauf anzusprechen, mitzuhelfen.


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