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Haben Sie ein Bewusstsein?

Blödsinn, werden sie vielleicht im ersten Moment denken, wenn Sie die Überschrift lesen. Aber so großer Blödsinn ist das Ganze nicht. Denn wenn Sie sich einmal genauer überlegen, wer das ist, der da aus Ihren Augen herausschaut, werden Sie womöglich feststellen, dass man diese Frage relativ schwer beantworten kann.

Die naturalistische Sicht der Naturwissenschaften geht in die Richtung, dass man sagt, die Gehirnzellen seien irgendwie derart miteinander vernetzt, dass sich dann eben so etwas wie Bewusstsein gewissermaßen schon automatisch einstelle. Das klingt auf den ersten Anlauf völlig logisch, weil ja scheinbar wissenschaftlich, ist aber philosophisch gesehen problematisch. Der Bonner Philosophieprofessor Markus Gabriel treibt diesen Gedanken einmal auf die Spitze, indem er sagt, das Bewusstsein ist eine grüne Pyramide. Was? Eine grüne Pyramide. Hier wird Ihnen klar, dass da irgendetwas nicht stimmen kann, oder? Das Bewusstsein ist doch keine grüne Pyramide.

Formuliert man aber die Behauptung, das Bewusstsein ist das Feuern von Neuronenverbänden im Gehirn, sagen Sie vermutlich, ja, das klingt doch plausibel. Warum? Weil es sich für Sie wissenschaftlich irgendwie begründet anhört.

Begründet ist es aber nicht. Markus Gabriel gibt zwar zu, dass das Gehirn mit dem Bewusstsein zusammenhängt, aber es sei keineswegs auch nur hinlänglich belegt, dass das Bewusstsein überhaupt durch das Gehirn hervorgerufen wird. Das Bewusstsein als Phänomen, also das phänomenologische Bewusstsein, wird nämlich keineswegs auf diesem Wege erklärt.

Denn letztlich besteht unser Gehirn aus unbelebter Materie. Jede einzelne Körperzelle, so auch jede Gehirnzelle, besteht letztlich aus Molekülen, welche unbelebt sind und diese wiederum aus Atomen, welche wiederum aus noch kleineren, unbelebten Teilchen bestehen.

Wenn man also der Meinung wäre, das Bewusstsein sei gleich dem Gehirn, wäre das in etwa so, als würde man sagen, unbelebte Materie sei etwas Immaterielles wie das Bewusstsein. Man könnte genauso gut sagen, Steine hätten dann auch ein Bewusstsein.

Dass​ Bewusstsein allerdings etwas Geistiges ist, das in einer rein materiellen Welt keine hinreichende, allein begründete Grundlage hat, ergibt sich erst auf den zweiten Blick, wenn man oben angedeutete Gedanken einmal nachdenkt.

Wenn man beispielsweise die Farbe Grün denkt, kann man zwar im Gehirn gewisse Aktionspotentiale nachweisen und sehen, was das Gehirn so macht, wenn man diesen Gedanken hat. Dennoch ist es falsch, anzunehmen, dass diese Aktionspotentiale gleichbedeutend mit dem Gedanken sind. Der Gedanke ist etwas Geistiges. Die Aktionspotentiale im Gehirn sind nur die Abbildung des Gedankens.

Insofern muss es etwas Geistiges geben: das, was wir Menschen als Geist bezeichnen. Ich ist nicht Gehirn, heißt eines der Bücher von Markus Gabriel. Und dies, was oben erläutert wurde, ist eine der zentralen Thesen, auf die dort näher eingegangen wird.

Was das bedeutet? Es ist eine Absage an die vereinfachte Vorstellung, die Materie sei einfach eine Art und Ansammlung kleiner Steinchen, die sich dann zusammensetzen und beispielsweise auch Bewusstsein erzeugen, und die also alles erklären könnten. Das grundlegende Problem nämlich ist, dass Materie und Geist als zwei unterschiedliche Entitäten definiert wurden. Möglicherweise ist dies aber falsch, die Annahmen oben deuten zumindest darauf hin.

Beschäftigt man sich weiter damit, was Materie eigentlich ist, geht also zu den kleinsten Teilchen in den Bereich der Quantenphysik, wird man feststellen, dass es überhaupt nicht mehr so klar ist, um was es sich bei dem, was wir landläufig als Materie bezeichnen, überhaupt handelt. Letztlich ist alles Energie. Was aber ist, philosophisch gesehen, Energie? Zu behaupten, sie wäre etwas Materielles, kleine Steinchen, wäre wohl eine Vereinfachung, die im Grunde nicht wirklich zutreffend ist.

Eine Extremposition in diesem Zusammenhang nahm der Physiker Carl Friedrich von Weizsäcker ein, der meinte, alles sei letztlich Geist, die Materie an sich existiere gar nicht. Eine vermessene Ansicht zunächst, aber vielleicht gar nicht so an der Wirklichkeit vorbei. Möglicherweise ist die Wirklichkeit nämlich nicht so, wie sie uns vordergründig erscheint.

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  1. Pingback:Bewusstsein – Kein Tellerrand

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