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Schon mal in einem Bürgerbüro gewesen?

Wenn Sie mal etwas ganz Verrücktes machen wollen und auch ein bisschen Zeit mitbringen, gehen Sie doch mal in ein Bürgerbüro. Das ist derjenige Ort, wo man z.b. einen Ausweis oder Pass beantragen kann.

Und es ist ein Ort der Ruhe und der Beschaulichkeit. Büro ist in dem Sinne gemeint, dass da schon auch gearbeitet wird, aber dass man nicht auf der Flucht ist. Und auch als Bürger wird man in diese Vorstellung mit hineingenommen, unter drei Stunden geht hier nämlich gar nichts. Man kann also entspannen und durchatmen.

Zunächst einmal gilt es jedoch, den richtigen Wartebereich zu finden. Das ist relativ einfach, wenngleich es auch eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, aber die haben wir ja mitgebracht. Wartezone eins sagt, Wartezone sieben sei zuständig. Wartezone 7 verweist auf Wartezone 3, welche einen dann aufklärt über das, was man schon weiß, dass man hier alles ein bisschen ruhiger angehen solle. 60 Leute, die vor einem sind, haben ja auch Ruhe und Muße und Zeit mitgebracht.

Der Innenraum verzichtet bewusst auf Luft von außen, um die Ruhe nicht zu stören. So ergibt sich ein zarter und feiner Potpourri aus Gasen, welche Menschen entweichen, Aftershaves und Parfüms sowie Duschgels, lieblich untermalt von der ein oder anderen ungewaschenen, durchzechten Nacht. Kommt man in die Unannehmlichkeit, ein WC aufsuchen zu müssen, ändert sich dort die Zusammensetzung der Luft schlagartig. Aftershave, Parfum und Duschgel entfällt dort, wird aber ersetzt durch maximale Sauberkeit, wenngleich leider mit negativem Vorzeichen. Manch einer entscheidet sich, dann doch lieber vor der Tür zu warten.

Und hier ist man dann also die Ruhe in Person, weil man ja so viel Zeit mitgebracht hat. Man geht also mal von drei Stunden aus, wenngleich dies nicht reichen würde, weil man dann ja in der Arbeit sein sollte. Also hofft man, dass es vielleicht doch ein wenig unter drei Stunden sein könnte. Trotzdem kalkuliert man schon einmal ein, dass man ja auch an einem anderen Tag einfach wieder kommen könnte, falls es heute nicht klappt. Geben Sie nicht auf, diesmal war es leider eine Niete, das nächste Mal klappt es bestimmt.

Wie hieß eigentlich noch unsere neue Digitalministerin? Irgendwas mit Bär. Das wäre doch mal, sofern sie sich nicht gerade um Flugtaxis sorgt, vielleicht nicht der schlechteste Ansatzpunkt, solche Verwaltungsaufgaben ein wenig in die virtuelle Welt zu verfrachten. Dann könnte man zu Hause eine Maske im Internetbrowser ausfüllen und wäre nach 10 Minuten fertig. Den Ausweis könnte man dann an einem bestimmten Tag zu einem bestimmten Termin abholen. Das wäre total crazy. Abgefahren. Voll die Zukunft. Irgendwie star-trek-mäßig.

Das würde z.b. aber auch die Arbeitgeber freuen, weil da nicht so viel Arbeitszeit von Tausenden von Menschen verloren ginge.

Mir selber wäre aber eigentlich die Lebenszeit wichtiger. Wozu nimmt man sich frei, nur, um dann unglaublich viel Zeit zu haben und vor einer Behörde herum zu sitzen. Klar, macht schon Spaß und ist auch lustig, irgendwo total unkonventionell, aber es gibt ja auch andere Dinge, die lustig sind. Flugtaxis zum Beispiel.

Nach einem solchen Besuch in einem Bürgerbüro ist man auf jeden Fall um ein paar Erfahrungen reicher. Etwas unklar ist einem allerdings, ob der Begriff so gemeint ist, dass es ein Bürgerbüro für die Bürger ist oder eines gegen sie. Haben Sie einen Nachbarn oder einen Kollegen, den Sie gar nicht leiden können? Schicken Sie ihn doch mal in ein Bürgerbüro.

Nachdem man dann nach 2,5 Stunden unverrichteter Dinge wieder abgezogen ist und einem anderen, anstehenden Bürger seine Nummer vererbt hat und in dem Wissen, dass es nochmal 2,5 Stunden in etwa dauern könnte, erzählt einem ein Kollege, dass man nun mittlerweile in 4 Bürgerbüros in München online Termine buchen kann. Nachdem man das gemacht hat für irgendeinen Termin im April, atmet man einfach tief durch und denkt sich: wir haben doch Zeit. War ja ein lustiges Erlebnis. Was ich heute für unsinnige Artikel geschrieben habe nur aufgrund der Wartezeit…

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