Ein Grad Celsius Außentemperatur, 7:30 Uhr morgens. Könige wohnen hier nicht, sondern Obdachlose. Drei junge Männer oder Jugendliche liegen am Königsplatz auf der Abluftöffnung der U-Bahn, aus der heraus immerhin ein wenig vorgewärmte Luft kommt. Gestern wurden sie im Rahmen einer Großrazzia rund um den Hauptbahnhof von der Polizei untersucht. Wie ich schon in zwei oder drei vorhergehenden Artikeln geschrieben habe, ist es offenbar nicht so, dass sie nirgendwo hingehen könnten. Die Streetworker von St. Bonifaz haben sie in Kenntnis gesetzt, dass sie in der Bayern-Kaserne ab dem 1. November bis März eine Wärmeunterkunft haben, also ein Bett zum Schlafen. Zwar nichts luxuriöses, aber immerhin ein warmes Bett. Auch die Streetworker der Schillerstraße 25 hatten zugesagt, sich um sie zu kümmern. Heute war ich im Evangelischen Hilfswerk in der Poccistraße 32, dort ist eine Wärmeunterkunft für tagsüber. Geöffnet von 14 Uhr bis 20 Uhr. Die Sozialpädagogen dort unterstützen Obdachlose, welche sich zwanglos tagsüber in dieser Unterkunft aufwärmen können, selbst kochen können, miteinander reden können und sich austauschen, und, sofern sie das wollen, auch die Hilfe der Sozialarbeiter in Anspruch nehmen können, beispielsweise dafür, dass sie wieder zurück ins Leben kommen und eine Unterkunft oder finanzielle Unterstützung erhalten. Laut Auskunft eines Sozialpädagogen dort ist es auch nicht so, dass jeder Obdachlose sich helfen lassen wollen würde. So ist mittlerweile nun auch meine Einschätzung. Diese jungen Männer oder Jugendlichen dort müssten in München nicht auf der Straße leben. Und nach Auskunft aus der Poccistraße 32 ist in den letzten Jahren glücklicherweise niemand mehr erfroren in München. Ob man Obdachlosen beispielsweise einen Schlafsack oder eine Decke schenken sollte? Die Antwort lautete, dass man damit im Grunde nur ihr Lebenskonzept, um auf der Straße zu bleiben, unterstützt. Deshalb wird von dieser Art der scheinbaren Hilfe eigentlich eher abgeraten. Besser ist es, wenn diese Menschen resozialisiert werden können, wozu natürlich die Voraussetzung ist, dass sie dies auch zulassen und mitmachen. Und, was man auch machen kann, dass man z.b. mit einzelnen Obdachlosen einmal spricht und ihnen so ein wenig entgegenkommt, was ihnen ermöglichen kann, zum einen ihre Lebensgeschichte zu erzählen, zum anderen womöglich das Gefühl zu bekommen, es gibt noch Menschen in dieser Gesellschaft, die sich auch um welche wie sie sorgen und kümmern. Auch dies kann eine Hilfe für Obdachlose darstellen und einen psychischen Antrieb, um möglicherweise zurück ins gesellschaftliche Leben kommen zu wollen. Denn nicht jeder will das. Aber denjenigen, die es prinzipiell schon wollen, kann auch eine solche Ansprache eine Hilfe und einen Impuls sein, der sie zu weiteren Aktionen motivieren kann. Und dann gibt es auch noch Menschen aus anderen Ländern, die hier irgendwo gestrandet sind, unter falschen Erwartungen, sich vielleicht mit Tagesjobs durchschlagen und einerseits vielleicht auch hier den Sprung in die Gesellschaft schaffen, oder andererseits in ihre Heimat zurückkehren, um dort wieder einigermaßen menschenwürdig leben zu können.