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Wachkoma und ein paar Fragen

Nachdem von mehreren Tagen ein entfernter Bekannter eine Hirnblutung hatte, dann zwei Notoperationen und nun weiterhin im Wachkoma liegt, stellt man sich ab und zu doch gewisse Fragen. Eine wurde zunächst schon einmal bei einer kurzen Internetrecherche beantwortet, beim Wachkoma handelt es sich um eine medikamentös auf eine gewisse Zeit herbeigeführte und eingestellte Narkose. Wach ist ein Mensch im Wachkoma also nicht. Der Sinn dieses künstlich herbeigeführten komatösen Zustandes ist es, den Stoffwechsel etwas herunter zu fahren, um weitere Beschädigungen des Gehirns möglich zu vermeiden. Wenn alles gut läuft, kann der Patient im Laufe der nächsten Monate, nachdem er aus dem Wachkoma herausgekommen sein sollte, möglicherweise eine ganze Menge seiner bisherigen Fähigkeiten allmählich wieder entdecken und wieder erlernen. Das wäre meinem Bekannten sehr zu wünschen.

Ich stelle mir aber die Frage, wie es eigentlich mit dem Bewusstsein so ist im Wachkoma. Oft ist der Bereich des Gehirns, der mit Bewusstsein in Verbindung gebracht wird, vorübergehend in der Art deaktiviert, dass der Patient also kein Bewusstsein hat in dem Sinne, wie wir es kennen. Es ist schon klar, dass an das Bewusstsein irgendwie auch das Gehirn angekoppelt ist bzw umgekehrt. Allerdings weist der Bonner Philosophieprofessor Markus Gabriel darauf hin, dass man nicht automatisch davon ausgehen könne, dass das Gehirn nun das Bewußtsein erzeuge. Dies sei ein unzulässiger Schluss. Das Gehirn habe zwar sicherlich mit dem Bewusstsein etwas zu tun, das Phänomen des Bewusstseins jedoch kann allein durch das Gehirn nicht beantwortet werden. Deswegen stelle ich mir die Frage, ob mein entfernter Bekannter vielleicht doch in einem gewissen Bewusstseinszustand gewisse Dinge wahrnimmt, diese aber lediglich nicht mehr in den Kategorien des menschlichen Gehirns denken kann. So würde ich es mir vorstellen. Bewusstsein ist dieser Lesart nach nämlich etwas, was auch jenseits des Gehirns möglicherweise als Phänomen existieren könnte. Vielleicht würden manche Philosophen hier von einer Seele sprechen. Bei Platon gab es die Vorstellung, dass die Seele, die vor der Geburt im Reich der Ideen existiert, mit der Geburt im Denken des Menschen gefangen ist und sich allmählich, durch den Einsatz von Vernunft und Verstand, an das einst in einer anderen Seinsform vorhanden Wissen wieder herantasten und heran arbeiten muss.

Wie auch immer, ich frage mich also, ob dieser Patient, obgleich er nun nicht rational denken wird, wie wir anderen Menschen, die eben bei vollem Bewusstsein sind, ob er nicht doch eine Art von Bewusstsein hat, möglicherweise unabhängig von der Schädigung seines Gehirns.

Und unabhängig davon bete ich natürlich, dass er möglichst bald wieder möglichst gesund werden möge. Amen.

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