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Beleidigungen via Facebook

Da tickerte doch immer wieder mal die Meldung eines befreundeten Facebookschreibers durch. Immer wieder meint er, Religion sei gewissermaßen das größte Übel der Welt. Diese Meinung darf er gerne haben, doch erstaunlich ist sie schon und ganz besonders bei ihm, wo er doch selber im akademischen Bereich von der Theologie lebt.

Er versucht dann bisweilen, seine etwas extrovertierten und womöglich auch nicht wirklich durchdachten Thesen zu relativieren dadurch, dass er sagt, das Christentum sei ja im Grunde keine Religion. Dabei begibt er sich ins Fahrwasser von Karl Barth, der in seiner kirchliche Dogmatik unter dem Absatz, warum das Christentum die wahre Religion sei, sagt, dass Gott sich eben in Jesus selbst offenbart habe und somit das Christentum eigentlich keine (menschengemachte) Religion sei.

Besagter Facebookschreiber führte als Begründung dafür dann Johannes an, wo dieser Jesus sagen lässt: ich bin die Wahrheit. Diesem Facebookschreiber musste ich dann mitteilen, dass dies inhaltlich zwar stimmen mag, dass Johannes allerdings Theologe war und als derjenige, der das letzte Evangelium verfasste, Abfassungszeit wohl ca. 100 nach Christus oder später, mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Zugriff auf echte Jesusworte hatte, zumindest nicht bei diesen Aussprüchen. Johannes interpretierte sicherlich, was Jesus gesagt haben könnte und formulierte daraus dann die “ich bin”-Sprüche. Wie gesagt, inhaltlich mögen sie durchaus stimmen.

Im Fortlauf der Diskussion versuchte ich dann, meinem Gegenüber klar zu machen, dass nicht alle Religion schlecht sei. Und dass das Christentum sowie die Theologie auch unter den Begriff Religion fallen.

Dies ließ mein hitziges Gegenüber aber nicht gelten und stellte einen Pappkameraden auf. Ein Pappkamerad ist ein Argument, welches das Gegenüber angeblich gemacht haben soll, und welches dazu dient, das scheinbar gemachte Argument zu widerlegen. Der Pappkamerad hieß also, ich hätte ja keine Ahnung, was Theologie überhaupt sei. Theologie habe nämlich Religion zum Inhalt. Damit sollte gesagt werden, ich wüsste also nicht, dass Theologie Religion zum Inhalt habe. Wenn ich das jetzt hier so schreibe, klingt das natürlich lächerlich, aber in der Diskussion ist ein Pappkamerad erstmal als solcher nicht sofort zu enttarnen, weil man dem Gegenüber ja einen gewissen Anspruch an seine Argumentation zunächst einmal zubilligen möchte und zunächst nicht vermutet, dass er tatsächlich so banal argumentiert.

Mit diesem Gegenüber hatte ich leider schon öfters etwas unsägliche Diskussionen über das von ihm irgendwo verabscheute Thema Religion, von dem er aber doch lebt. Auch der Religionsbegriff kann von ihm irgendwo nicht so richtig definiert werden. Geht man beispielsweise funktional an den Religionsbegriff heran, ließe sich damit begründen, dass beispielsweise Fußball auch die Funktion einer Religion erfüllen kann. Oder man wählt den essentialistischen Ansatz, wonach Religion die Begegnung mit dem Transzendenten und Heiligen ist. Aber irgendwie kommt mein Gegenüber da schon bei der Definition von Religion nicht wirklich auf einen grünen Zweig, was ihn jedoch nicht davon abhält, stets Religion als etwas Übles zu verteufeln.

Deswegen also war es mein Ansatz, ihm mitzuteilen, dass Theologie ein Teil von Religion sei. Er hielt dagegen, nein, Religion ist der Inhalt von Theologie! Das war der Pappkamerad. Logisch, dass Religion der Inhalt von Theologie ist, hatte ja auch niemand bestritten, außer ihm selbst vielleicht.

Mein Ansatz war also, Religion kann gar nicht so von Übel sein, weil deine Theologie, die du ja so hoch hältst, ohne Religion überhaupt nicht denkbar wäre. Religion ist der Überbegriff, der deine Theologie beinhaltet. Ohne Religion auch keine Theologie. Denn der Religionsbegriff beinhaltet beispielsweise Gott und Götter, Weltanschauungen und Verhaltensweisen und so weiter. Die Theologie greift sich einen kleinen Teil davon heraus und versucht, diesen zu diskutieren, systematisieren, kategorisieren, dogmatisieren oder zu analysieren.

Nachdem mein unsägliches Gegenüber mir also bescheinigt hatte, ich hätte keine Ahnung, und nachdem er seinen selbst aufgestellten Pappkameraden dann fein säuberlich zerlegt hatte, referierte er weiter. Zusammengefasst kam er zu dem Ergebnis, ohne Religion keine Theologie!

Eben, sagte ich. Das hatte ich ja bereits gesagt, das war meine Ausgangslage.

Darauf folgte dann nichts mehr. Ich bin aber am Überlegen, ob ich mich mit ihm von Facebook denn entfreunden sollte, denn das, was ich oben nur angedeutet habe, wurde massiv beleidigend. Und eigentlich möchte ich mir nicht zusätzlichen Ärger ins Haus holen, sondern lieber auf die guten Seiten des Lebens schauen. Da man aber Entfreunden nicht im Streit vollziehen sollte, denke ich noch etwas drüber nach. Allerdings, Facebook zu haben, um sich beleidigen zu lassen, ist ja eigentlich nicht Sinn der Sache. Andererseits, und das muss ich hier einräumen, hatte ich ihn bei diesem Thema auch schon einmal relativ hart angegangen, mich dann aber entschuldigt. Was er indirekt auch getan hatte.

Und wenn man das so schreibt hier, merkt man, dass Religion tatsächlich auch das Potential besitzt, sich kräftig zu streiten, obwohl es eigentlich dem christlichen Gedanken zutiefst zuwider läuft. Insofern könnte man tatsächlich sagen, es wohnt ein gewisses Übel in der Religion.

Allerdings ist es in diesem Fall wohl weniger die Religion, die dieses vermeintliche Übel auslöst, sondern einfach das Rechthabenwollen einerseits, und andererseits aber auch der Wunsch, respektiert und höflich behandelt zu werden. Doch diese Einsicht ist immer mal wieder schwer umzusetzen, wenngleich sie bereits in der Bibel formuliert wurde in Matthäus 7:

Die Goldene Regel: 7,12. Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten.

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