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Schutzengel

Es ist vielleicht schon ein Jahr her und ich dachte immer mal, ich sollte ein paar Zeilen darüber verlieren. Denn es ist ja durchaus bemerkenswert, dass ich dazu noch in der Lage bin, bei voller Gesundheit. Was ein Segen. Es war ein Abend, an dem ich nach der Arbeit nach Hause radelte, ganz korrekt auf dem Radweg, rechts von mir Bäume, links von mir parkende Autos und dann ein großer Transporter. Dadurch Schatten vor mir, welchen der Schein meiner Fahrradlampe auch nicht wirklich durchbohren oder gar hätte ausleuchten können. Man kennt ja diese Fahrradlampen. Von vorne blendete dann noch ein Auto aus der Ferne. Gerade eben hatte ich mich mit der linken Hand irgendwie am Kopf gekratzt, nun war sie aber eben wieder am Fahrradlenker gelandet, sodass ich nun den Lenker mit beiden Händen ganz gut im Griff hatte. Und dann machte es toktok. Gerade an dem dunkelsten Stück, welches ja nur ein paar Sekunden lang andauerte, da man mit dem Fahrrad ja nicht ganz langsam unterwegs ist, rannte ein Igel von links unter dem Transporter raus nach rechts zu den Bäumen, also aus dem Dunkel heraus durchs Dunkel hindurch ins Dunkel herein. So war zumindest offenbar sein Plan. Als er in diesen Sekundenbruchteilen gerade vor meinem Vorderrad kam, erwischte dieses ihn voll. Toktok. Armer Igel. Ein paar Sekunden zuvor hätte es mich böse zu Boden gestürzt, denn mit nur einer Hand am Lenker kann man einen solchen Schlag nicht ausgleichen. Ich hätte womöglich nicht ganz unerhebliche Einbußen an der Gesundheit gehabt, wenn es dümmer gelaufen wäre vielleicht auch noch schlimmer. Und das Ganze etwa 300m vor der Haustür. Es ist die eine Sache, ein Steak zu essen, eine andere ist es, ein Tier mit dem eigenen Fahrrad, wenn auch unbeabsichtigt, ins Jenseits zu befördern. Zwar suchte ich, nachdem ich mich von dem Schrecken ein wenig erholt hatte, nach dem Igel, fand ihn dann am Straßenrand im Dunkel und es wirkte so, dass er womöglich noch am Leben war, vielleicht aber auch nicht. Was sollte man tun. Am nächsten Morgen fuhr ich vorbei, aber offenbar hatte das Vorderrad das Rückgrat des kleinen Tieres getroffen und er war wohl sofort tot. Ich plante, wenn ich wieder nach Hause käme, den Igel irgendwie zumindest zur Seite zu räumen, vielleicht auch irgendwo zu begraben, vielleicht aber auch einfach in eine Tonne zu werfen. Das war mir noch nicht so klar. Als ich dann wieder zurück fuhr, hatte das offenbar ein anderer gemacht. Da mir die Sache doch noch etwas nachging, war ich darüber ganz dankbar und froh. Und froh war ich im Grunde auch sehr über die Bewahrung, die ich erfahren hatte. Für manche Leute ist das wohl Zufall, dass alles gut ging, aber ich sehe gerne mal mehr dahinter. Wie wahrscheinlich ist es denn, dass ein Igel genau in diesen Sekundenbruchteilen vor das Vorderrad läuft, sodass ich praktisch mittig über ihn drüber fahren muss? An der dunkelsten Stelle, geblendet von einem Auto, kurz zuvor noch mit einer Hand am Lenker? Natürlich, es kann alles Zufall sein. Ich jedoch fühlte mich und fühle mich so, als hätte mich da etwas Größeres bewahrt vor etwas Schlimmerem, eine größere Macht, die ich als gläubiger Christ Gott nenne. Manche würden hier von einem Schutzengel sprechen. Aber egal wie, auch für solche Leute steht diese Macht dahinter, der der einzelne Mensch nicht egal ist. Manchmal sind es vielleicht nur Gedanken, die einem nicht ganz zufällig zur rechten Zeit in den Kopf kommen und einen gerade noch vor etwas bewahren können. Gedanken wie dieser: „Nimm jetzt auch die linke Hand an den Lenker. Sonst hast du ein großes Problem.“ Es reicht schon, wenn man als Mensch die richtigen Gedanken zur richtigen Zeit hat, damit alles gut geht. Viel mehr braucht man oft gar nicht. Dafür war und bin ich Gott sehr dankbar.

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