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Christen gegen Waffenlieferungen an die Ukraine? Dem russischen Militär die andere Wange hinhalten?

Wenn sogenannte Christen aus der deutschen Sicherheit heraus den armen Menschen in der Ukraine, die gerade alles verlieren, ihre gesamte Existenz, Menschen, die von russischen Soldaten ermordet werden, vergewaltigt, deren Kinder verschleppt werden, deren Städte bis auf Grund und Boden vom russischen Militär zerstört werden, wenn nun also sogenannte deutsche Christen diesen armen Menschen in der Ukraine den angeblich gut gemeinten Tipp geben, sie sollten nun ganz im Sinne Jesu doch einfach noch ihre andere Wange dem russischen Militär hinhalten, damit doch bitte nicht so viele Menschen sterben, denn Jesus sei ja Pazifist gewesen, und wenn man genau weiß, was in diesem Fall passieren wird, weil man es beispielsweise an den Massakern in Bucha gesehen hat, weil man es beispielsweise in Irpin gesehen hat, weil man es an ganz vielen Stellen in der Ukraine sieht, wenn also solche sogenannten Deutschen Christen diesen armen Menschen in der Ukraine diesen Tipp geben, sie sollten doch ihre andere Wange hinhalten, weil Jesus das ihnen angeblich raten würde, und wenn sie dann noch dazu raten, keine Waffen an die Ukraine zu liefern, die sich dann nicht mehr selbst verteidigen könnte, dann ist dies wohl kaum im Sinne der christlichen Nächstenliebe mit den Menschen in der Ukraine, sondern dann ist das im Empfinden vieler Menschen, die von diesem Leid betroffen sind, wohl einfach nur infam. Und es ist eine bequeme Art, sich selbst mit scheinbar reiner Weste dieses unbequemen und theologisch schwierigen Themas zu entledigen.

Manchmal steht man im Leben ja schnell auf der anderen Seite. Nicht, dass man es nun irgendjemandem wünschen würde. Aber nehmen wir an, der Krieg würde sich auf die EU ausweiten und in ein paar Jahren vielleicht Deutschland erreichen, dann wird es interessant sein, ob diese sogenannten Deutschen Christen dann in derselben Weise argumentieren, dass Deutschland sich nicht verteidigen solle, damit doch bitte keine Menschen sterben, sondern dass man dem russischen Militär doch bitte einfach die andere Wange und die nächste Stadt hinhalten solle.

Wer von euch ohne Sünde ist und noch nie auf eine Aggression ebenfalls aggressiv reagiert hat, um sich oder andere zu schützen und zu verteidigen, der liefere keine Waffen und werfe den ersten Stein.

Versetzen wir uns gedanklich einmal in das Jahr 1934, als die Bekennende Kirche ihren Mund aufmachte und theologisch gegen Hitler argumentierte. Hätten die oben genannten Christen in dieser Zeit den Juden, wenn sie um Waffen gebeten hätten, um sich selbst vor Hitler und seinem faschistischen Regime zu verteidigen, diese Waffen gewährt, oder hätten sie mit dem Verweis auf ihre Interpretation dessen, was Jesus wohl in dieser Situation sagen könnte, den Juden die Verteidigungswaffen verweigert mit dem Hinweis darauf, Jesus habe gesagt, sie müssten einfach nur auch die andere Wange hinhalten ?

Dietrich Bonhoeffer hatte es für sich selbst so gelöst: Er selbst könne alle möglichen Leiden ertragen (und wurde dementsprechend auch im KZ Flossenbürg von den Nazis erhängt, weil er es im Vorfeld abgelehnt hatte, in die USA zu fliehen), aber wenn seine Mitmenschen ermordet werden, dann könne es nicht die alleinige Aufgabe des Pfarrers sein, zu den Hinterbliebenen zu gehen und ihnen das Beileid auszusprechen, sondern dann müsse man dem Rad in die Speichen fallen, dann müsse man eingreifen. Als Christ werde man in jedem Fall schuldig, wenn man eingreift, aber noch viel stärker, wenn man nicht eingreift. Unschuldig kommt man aus der Sache nicht heraus. Man handelt also auch, wenn man nicht handelt.

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