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Verteidigungsministerium: Nach Frau Lambrecht ist vor Frau Lambrecht?

Offenbar will die noch amtierende deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht aus ihrem Amt zurücktreten. Das ist eine gute Idee.

Ins Amt gehievt worden war die gelernt Juristin durch ihren Chef, den ehemaligen Finanzminister Olaf Scholz, der sich seit einiger Zeit als Bundeskanzler versucht. Sonderlich ambitioniert hatte sie nie gewirkt, bisweilen wirkten ihre Aktionen sogar grotesk. Zu Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine wollte man sich im Verteidigungsministerium mit der Lieferung von 5000 Helmen an die Ukraine brüsten, holte sich stattdessen aber Shitstorms und Häme ab.

Kürzlich fiel die stets unterambitioniert wirkende und mit ihrem Amt fremdelnde Verteidigungsministerin unter anderem dadurch auf, dass sie zu Silvester auf einem wackeligen und schludrig gemachten Handyvideo mit schlechter Tonqualität vor knallenden Silvesterraketen über das vergangene Jahr resümierte, in dem es ja Krieg gegeben habe, aber sie habe auch ganz tolle Leute getroffen in diesem Jahr. Man bekam beide Realitäten als Zuschauer kaum zusammen, den Krieg, aber das scheinbar persönliche Glück der Verteidigungsministerin, die sich freute, dass es für sie persönlich ja so gut gelaufen sei, wo sie nun so interessante Menschen kennengelernt habe.

Geholfen haben dürfte ihr auch nicht, dass sie ihren Sohn im Bundeswehr-Hubschrauber mitgenommen hatte, stattdessen wurde der Verdacht von Klüngel laut, auch, wenn er nicht erhärtet werden konnte.

Nun ist es aber nicht die Verteidigungsministerin Lambrecht alleine, die ihr schlechtes Image zu vertreten hat. Es wird von ganz oben vertreten, von Bundeskanzler Olaf Scholz, der jemanden wie sie ins Amt geholt hatte. Olaf Scholz, nicht gerade ein Feuerwerk an rhetorischen Qualitäten, holte Christine Lambrecht, ebenfalls nicht gerade ein Feuerwerk an rhetorischen Qualitäten, mitten im größten Krieg in Europa seit dem zweiten Weltkrieg ins Amt.

Nun könnten einige Leute glauben, dass diese eine gute Rede, die der rhetorisch nur sehr verhalten brillierende Bundeskanzler einmal gehalten hatte und in dem seine Speechwriter den Begriff „Zeitenwende“ eingebaut hatten, diese Zeitenwende nicht nur rhetorisch meint, sondern vielleicht auch umsetzen möchte.

In der Tat, einige Dinge wurden sogar umgesetzt. Es blieb glücklicherweise nicht bei den 5000 Helmen an die Ukraine, sondern Deutschland ist in Bezug auf die finanzielle Unterstützung der Ukraine ganz weit vorne im internationalen Vergleich. Und das ehemalige Nazi-Deutschland der 1930 und 40er Jahre, das sich komplett in eine rechtsstaatliche Demokratie wandeln konnte nach dem zweiten Weltkrieg, hat auch unter Scholz und Lambrecht mit der lange vertretenen Staatsräson gebrochen, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern.

Irgendwann hatten beide, Bundeskanzler wie Verteidigungsministerin, offensichtlich doch erkannt, dass es nicht nur um solidarisches Geplänkel mit der Ukraine geht, sondern letztlich auch um die ureigensten Sicherheitsinteressen Deutschlands, dessen einen Teil, Ostdeutschland, Putin gedanklich auch zu seinem Erbe, zum Erbe der Sowjetunion, zählen dürfte. Man verstand, dass Russland in der Ukraine gestoppt werden muss, um Schlimmeres zu verhindern, auch, wenn der rhetorisch nicht allzu bewanderte Bundeskanzler dies gerne nur verklausuliert zu verstehen gibt, indem er sagt, Russland dürfe den Krieg nicht gewinnen. Deutlicher hingegen wäre die eindeutige Formulierung, dass Russlands diesen Krieg unbedingt verlieren muss.

Aber so richtig verstand man die aktuelle Gefahr scheinbar doch nicht. Frau Lambrecht, die als Juristin sicherlich eine gute Adresse ist, fremdelte weiter in ihrem Amt als Verteidigungsministerin und wusste auch mit dem von Olaf Scholz ausgerufenen Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr nicht allzu viel anzufangen. So wirkt es zumindest.

Eine Verteidigungsministerin jedoch, welche die Probleme der Zeit aktiv aufgreifen und proaktiv handeln würde, würde wohl die Öffentlichkeit und ihren Bundeskanzler kontinuierlich damit nerven, dass mehr getan werden müsse und vor allem schneller. Das sind jedoch zwei Adjektive, die Frau Lambrecht, zumindest in Bezug auf die Verteidigung, nicht unbedingt ihr Eigen nannte. Mehr und schneller. Stattdessen Eile mit Weile. Ist doch nur Krieg mitten in Europa, der mit 14 Millionen geflüchteten Menschen aus der Ukraine die größte Flüchtlingskrise seit dem zweiten Weltkrieg in Europa ausgelöst hat.

Bundeskanzler Olaf Scholz, so hört man immer wieder, wolle sich nicht treiben lassen von irgendwem. Nun, das mag man ihm positiv auslegen, denn in der Tat ist es gut, sich nicht vom vermuteten Wählerwillen immer treiben zu lassen. Gut wäre es jedoch auch, wenn Herr Scholz sich selbst ein bisschen antreiben würde, beispielsweise zu Eile.

Denn Fakten schaffen gerade russische Offensiven im Osten der Ukraine, Fakten möchte Putin mit der Aushebung weiterer Soldaten schaffen.

Um dem entgegenzuwirken, könnte Deutschland endlich Leopard 2 Kampfpanzer an die Ukraine liefern, oder, wenn Deutschland zu wenige davon hat oder alle kaputt sind, zumindest anderen Staaten wie beispielsweise Polen und Finnland die Genehmigung erteilen, ihre in Deutschland gefertigten Leopard 2 Panzer an die Ukraine liefern zu dürfen.

Doch auch hier, Eile mit Weile, man wolle sich ja von dem Krieg nicht treiben lassen. Da könne ja irgendein Krieg daherherkommen, der einen dann zu irgendwas verleiten wolle, z.B zur Verteidigung. Das wolle ja alles gut überlegt sein. Und so überlegen Bundeskanzler Scholz und seine Verteidigungsministerin nun den 11. Monat.

Die sehr ambitionierte, rhetorisch brillante und fachlich sehr kompetente Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, die FDP-Politikerin Agnes Strack-Zimmermann, übernimmt seit langem schon indirekt die Rolle der Verteidigungsministerin, indem sie die Dinge benennt, die unbedingt getan werden müssen.

Und sie weist auch darauf hin, dass man, bis Deutschland mit der Lieferung von Leopard 2 Panzern vielleicht doch irgendwann einmal in die Gänge kommen sollte, was zu vermuten ist, vorab zumindest schon ukrainische Soldat*innen an dieser Waffengattung ausbilden sollte, damit man dann nicht wieder ganz erstaunt feststellt, dass es ja doch eine gewisse Zeit dauere, bis die Soldat*innen an dem Gerät trainiert worden seien.

Clever, wenngleich auch irgendwie ganz ungewohnt, so eine Verteidigungsministerin, die einfach ein paar Monate vorausdenkt und dementsprechend proaktiv handelt. Aber Pardon, sie ist ja leider nicht Verteidigungsministerin.

Und weil in der Regierungskoalition das Paritätsprinzip gilt, steht zu vermuten, dass der ehemalige Finanzminister Olaf Scholz also nicht die Beste als Verteidigungsministerin wählen wird, Agnes Strack-Zimmermann nämlich, sondern in den Zeiten des Krieges lieber Parteiklüngel macht und jemanden aus der SPD, aus der eigenen Partei ernennt.

Die eine Frau Lambrecht geht, eine andere Frau Lambrecht kommt. Nach der Lambrecht ist somit vielleicht vor der Lambrecht.


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Christine Lambrecht. Das Maß ist schon lange voll.

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