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Die Kritik Meisners an Dawkins ist meines Erachtens nicht gerechtfertigt und das aus einem einfachen Grund: Dawkins ist Biologe und kein Sozialdarwinist.
Christian Kummer in dem verlinkten Artikel: „Meisner macht den Fehler, von einem biologischen Modell – dem ‚egoistischen Gen‘ – auf eine anthropologische Deutung des Menschseins zu schließen, so als ob der Mensch letztinstanzlich durch seine Gene ‚erklärt‘ würde, …“
—
Wenn versuchen zu bestimmen, wer oder was „Mensch“ ist, bzw. nicht und verwenden rein biologische Kriterien, so kann man „Mensch“ sehr gut definieren. Verlassen wir aber diese Ebene und versuchen zu erklaeren, was Menschen von anderen Tieren unterscheidet, so wird das sehr viel schwieriger.
Unsere mentalen Faehigkeiten unterscheiden sich nicht absolut von anderen Species, sondern nur relativ: Wir koennen laenger im Vorraus plane, aber kurzfristige Plannungen koennen auch Schimpansen, wir entwickleten Schrift, aber die laengste Zeit unser Existenz gab es keine Schrift und es gibt immer noch Kulturen, die ohne diese auskommen, wir haben Kulturen, die Menschen untereinander unterscheiden, aber aber solche kulturellen Unterschiede hat auch bei anderen Primaten beobachten koennen, etc etc.
Wenn also gesagt, dass eine andere Defintion moeglich sei, oder gar notwendig dann sollte diese doch auch geliefert werden.
Es ist natürlich Unfug, einen Menschen rein nach seinen biologischen Kriterien bestimmen zu wollen. So sehe ich das zumindest. (Es ist übrigens interessant, was religiöse und nicht-religiöse Existenzialisten darüber gesagt haben, aber es ginge jetzt wohl zu weit, darauf einzugehen). Unterschätzen sollte man diese „Sichtweise“ dennoch nicht: sie ist mehr legitim. Es wird nur problematisch, wenn sie zu politischen Zwecken missbraucht wird.
Was Dawkins angeht, so ist er zwar ein Positivist reinsten Wassers, aber darüber hinaus ist er kein Fanatiker mit Scheuklappen sondern ein liberaler Atheist, der in der Lage ist, einen Dialog zu führen. Solche Leute sind mir lieber als religiöse Dogmatiker, die nach wie vor in mittelalterlichen Kategorien denken.
@philgeland
Also mir kommt Dawkins schon recht fundamentalistisch vor. Und dem evangelischen Theologen Friedrich Wilhelm Graf, den ich von der Uni München kenne, auch.
Hier kannst Du mal reinlesen, falls es Dich interessiert:
http://www.kath-info.de/dawkins.html
Prof. Graf: http://www.st.evtheol.uni-muenchen.de/personen/graf/index.html
P. S.
Es ist wohl falsch, Dawkins einen „liberalen Atheisten“ zu nennen (was immer das auch sein mag). Ich wollte eher zum Ausdruck bringen, dass ich ihn für einen überzeugten Atheisten mit politisch liberalen Ansichten halte.
Und was die mentalen Fähigkeiten des Menschen im Vergleich zu anderen Arten angeht, so sehe ich das ähnlich. Artikel wie dieser regen dazu an, unsere eigene „Stellung“ in der Natur zu überdenken und demütiger zu werden.
@theolounge
Danke für die Links.
Nun, die Kritik dieser Leute an Dawkins, dass er „unwissenschaftlich“ sei erscheint mir „duenn“ (um hoeflich zu bleiben).
Man kann an den dawkinschen Thesen, insbesondere zur Frage der Entstehung von Moral, viel Kritik aeussern – und geschah auch von seinen Fachkollegen, aber die Kritik von Theologe ist hier absurd.
Dawkins bezieht sich klar auf messbare Fakten und belegt seine Ueberlegungen ganz klar anhand dieser. Um ihn zu widerlegen, muss man neue Fakten aufbieten. Hier fallen Wilhelm Graf und seine Kollegen hinten herunter.
Es kann doch nicht sein, dass spekulative Ueberlegungen, aka Theologie, fuer wichtiger gehalte werden als messbare Fakten – ansonsten kann ich auch die Theorie der Gravitation fuer Unsinn halten, nur weil ich mir vorstellen koennte, dass meine Kaffeetasse anfinge zu schweben.
@philgeland
Ich waere bei Dephinen sehr vorsichtig: Die Gehirne von Dephinen bestinnen zum guten teil aus „Fuellmasse“ und es wurde bei ihnen bisher kein Verhalten beobachtet, dass auch nur andeutungsweise an das von Primaten heranreicht – z.B. in der Komplexitaet der sozialen Interaktionen.
Bei Primaten sieht die wissenschaftliche Basis ganz anders aus – es gibt kaum ein menschliches Verhalten, das bei unseren naechsten Verwanten nicht auch zu finden ist. Ein eindrucksvoller Talk bei TED hierzu:
http://www.ted.com/talks/lang/eng/susan_savage_rumbaugh_on_apes_that_write.html
Wenn wir also anfangen, „Mensch“ ausserhalb einer strickten biologischen Defintion zu definieren, kommen wir in extreme Schwierigkeiten.
In diesem Zusammenhang auch ein Vortrag von Malcolm Potts, Prof. in der University of California, Berkeley – zum biologischen Ursprung von Kriegen in unserm genetschen Erbe, das wir mit Schimpansen teilen;
http://fora.tv/2009/03/24/Ask_a_Scientist_Sex_and_War
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Zurueck zur Frage:
Wie, ausserhalb bestimmer biologischer Merkmale, sollen wir „Mensch“ definieren?
@rheinlaender
Wie man Mensch definieren soll ? Zumindest nicht rein biologisch. Das wäre so, wie wenn man ein Auto als Metallklumpen definieren würde (man würde also wichtige Eigenschaften ausblenden).
Mensch: http://de.wikipedia.org/wiki/Mensch
Dann konkret welche Eigenschaften?
Es gibt Menschen, die keinen messbare IQ haben und auch nicht in der Lage Sprache oder sonstige Kommunikation zu bewerkstelligen – z.B. extreme Faelle von Autismus. Solche Menschen haben mit mir die biologische Gattung gemeinsam, aber kaum andere Eigenschaften, die ich nicht mit allen etwas hoeher entwickleten Lebewesen gemein haette.
Trozdem sind wir uns wohl einig, dass es sich in diesen Faellen um Menschen handelt.
@rheinlaender
Hier, wie die Bibel den Menschen sieht: http://www.die-bibel.de/wissen/botschaft-der-bibel/der-mensch/
wenn mal viel Zeit hat zum Lesen:
„Was ist der Mensch?“ Vom Schutz des Lebens aus evangelischer Sicht
http://www.ekd.de/vortraege/kock/030702_kock_vortraege.html
@theolounge
Nochmals danke für den Hinweis auf die „Kath-Net-Seite“. Die Statements zu Dawkins Buch sind ähnlich anregend wie der „Gotteswahn“ selbst. Für beide gilt: „nobody is perfect“. Will heissen: mir persönlich kamen hier genauso Fragen wie bei der Lektüre des „Verfemten“. Es mag seltsam klingen, aber ich halte das für ein gutes Zeichen.
Nicht nur, weil es diese Kommentare in ihrer expliziten Form auf jener Seite, also die (wie ich finde notwendige) Auseinandersetzung darüber, wahrscheinlich ohne Dawkins nicht gegeben hätte. (Kaltes Wasser kann genauso unangenehm wie belebend sein).
Sondern auch, weil ich unter den ganzen, doch so verschiedenen Kommentaren einen gefunden habe, der in genialer Kürze meine eigene „kritische Position“- und damit auch mein eigenes „Unwohlsein“ – an Dawkins polemischem Werk zum Ausdruck bringt. Nicht nur an ihm sondern ganz allgemein an einem Weltbild, welches in seiner „Zunft“ wohl allzu sehr verbreitet zu sein scheint.
Er ist von Simon Brenne. wurde im September 2007 in der Aller-Zeitung veröffentlicht und es ist ein echter Genuss, den hier noch mal zu zitieren:
„In der Selbstgewissheit des naturwissenschaftlichen Denkens liegt allerdings auch eine Gefahr: die der unaufgeklärten Aufklärung. Eine Disziplin, die kategorisch die Vorstellung bestreitet, dass es jenseits ihres Horizonts überhaupt etwas geben könnte, gibt sich skeptisch – hat aber die Skepsis gegenüber sich selbst verloren.“
Sondern auch, weil
P. S.
„Sondern auch, weil“ ist gar nichts.
Kommt davon, wenn man zu schnell schreibt … sorry!
P. S. 2
Es muss wohl nicht betont werden – ich tu’s trotzdem – dass jedes Weltbild, dass sich selbst nicht mehr skeptisch überprüft, die Tendenz aufweist, zu einem dogmatischen zu werden.