Weihnachtsgrüße aus Moskau

​Man muss dem Mann eines lassen: Er hat ein Gespür für den richtigen Augenblick. Während der Rest der Welt sich in Decken kuschelt und Plätzchen backt, dachte sich Wladimir P., der beliebte Autokrat von nebenan: „Warum nicht mal ein bisschen Wärme spenden?“ Und weil er ein Mann der Tat ist, ließ er seinen Worten Taten folgen – oder besser gesagt: Sprengköpfe.

​Pünktlich zum Fest hat der Kreml seine ganz eigene Version von Weihnachtsgeld ausgezahlt. Insgesamt 650 Drohnen und über drei Dutzend Raketen machten sich auf den Weg, um in der Ukraine für eine unvergessliche Bescherung zu sorgen. Vor allem in Kyjiw wollte man sichergehen, dass niemand die „frohe Botschaft“ verschläft.

​Der Rest muss weg

​Dabei zeigte sich der russische Apparat von einer fast schon rührenden Seite. In einer (natürlich nicht offiziellen) Verlautbarung hieß es sinngemäß: Man habe beim Aufräumen im Kreml noch einen Restbestand an Humanität gefunden. Da man dieses Konzept in Russland ohnehin nicht mehr benötigt und es nur im Weg herumsteht, entschied man sich großzügig, diesen Ballast einfach über der Grenze abzuwerfen.

​Das Ergebnis dieser „Spende“ ist beeindruckend: Brennende Wohnblöcke, zerstörte Stromleitungen und Menschen, die statt unterm Weihnachtsbaum nun im Luftschutzkeller sitzen. Ein vierjähriges Kind wird sein Geschenk dieses Jahr nicht mehr auspacken können – es gehört zu den mindestens drei Toten, die diese russische Fürsorge das Leben kostete.

​Die Botschaft ist angekommen

​Präsident Wolodymyr Selenskyj nannte das Ganze einen Angriff auf „alle Aspekte des täglichen Lebens“. Er scheint den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden zu haben: Während mancherorts naiv über Friedensverhandlungen getuschelt wird, macht Moskau klar, was wirklich auf dem Wunschzettel steht.

​Die Prioritäten sind gesetzt: Zerstörung statt Besinnlichkeit. Die 13 betroffenen Regionen wissen nun genau, was von den „brüderlichen“ Weihnachtsgrüßen zu halten ist. Wer braucht schon Frieden, wenn er Shahed-Drohnen haben kann?

​Was unterm Strich bleibt

Der Zeitpunkt war perfekt gewählt. Kurz vor Weihnachten, wenn Familien zusammenkommen wollen, schickt Wladimir P. den Tod vorbei. Es ist ein klares Signal an die Welt und die eigene Bevölkerung: In Moskau ist das Lager für Menschlichkeit endgültig leergeräumt.

Quelle ZEIT


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