
Lange Zeit galt an der Börse das ungeschriebene Gesetz: „Investiere in die USA und vergiss den Rest.“ Der amerikanische Markt war der Motor der Weltwirtschaft, getrieben von Tech-Giganten und einem scheinbar unerschütterlichen Vertrauen in das System. Doch im Dezember 2025 zeigt sich ein anderes Bild. Ein wankelmütiger Präsident, die Aushöhlung demokratischer Institutionen und eine Wirtschaft, die am Tropf einer möglichen KI-Blase hängt, lassen das Pendel umschlagen. Wer jetzt frisches Geld investiert, sollte die Landkarte neu falten.
Das Klumpenrisiko „Amerika“
Der MSCI World besteht heute zu fast 70 % aus US-Aktien. Wer diesen Index kauft, wettet also nicht breit gestreut auf die Welt, sondern massiv auf die amerikanische Wirtschaft. Das war lange profitabel, wird nun aber zum Problem. Die Bewertungen der US-Unternehmen sind im historischen Vergleich extrem hoch – teilweise doppelt so teuer wie vergleichbare Firmen in Europa oder Schwellenländern.
Vieles davon basiert auf der Hoffnung auf Künstliche Intelligenz. Doch die Situation ähnelt zunehmend dem Hype der Jahrtausendwende: Die Gewinne der KI-Firmen müssen gigantisch sein, um diese Kurse zu rechtfertigen. Bleiben sie aus, droht eine scharfe Korrektur, die den gesamten US-Markt mit nach unten reißt.
Giftcocktail für die Wirtschaft: Zölle und Unsicherheit
Die vom US-Präsidenten verhängten massiven Zölle gegen Handelspartner in aller Welt wirken wie ein Bumerang:
- Inflation: Importierte Waren werden teurer, was die US-Verbraucher belastet.
- Handelskrieg: Gegenmaßnahmen aus Europa und Asien treffen US-Exporteure hart.
- Isolation: Amerikanische Unternehmen verlieren global an Boden.
Noch schwerer wiegt jedoch die politische Komponente. Märkte hassen Unsicherheit. Wenn rechtsstaatliche Prinzipien wackeln und Entscheidungen nicht mehr auf verlässlichen Gesetzen, sondern auf den Launen eines Einzelnen basieren, ziehen Investoren ihr Kapital ab. Die Risikoprämie für US-Anlagen muss steigen – sprich: Die Kurse müssen fallen, um das Risiko wieder attraktiv zu machen.
Die Lösung: „Ex USA“ als Sicherheitsnetz
Eine Strategie gewinnt daher massiv an Bedeutung: Bestehende US-Positionen werden gehalten (um Steuern zu stunden und im Markt zu bleiben), aber frisches Geld fließt konsequent in einen ETF „World ex USA“.
Dieser Strategiewechsel bringt drei entscheidende Vorteile:
- Günstigere Preise: Anleger kaufen Unternehmen in Europa, Japan und Schwellenländern zu einem erheblich niedrigeren Preis pro Gewinn-Euro ein.
- Währungs-Streuung: Sollte der US-Dollar aufgrund der Verschuldung und politischen Instabilität an Wert verlieren, profitieren Depots von stärkeren Währungen im „Ex USA“-Korb.
- Branchen-Balance: Während die USA extrem Tech-lastig sind, bieten Märkte außerhalb der USA oft mehr Substanzwerte aus Industrie, Pharma und Konsumgütern.
Kluge Risikostreuung statt Panikverkauf
Es geht bei dieser Analyse nicht darum, den Untergang der USA herbeizureden. Die amerikanische Wirtschaft ist zäh. Aber die Chance-Risiko-Verteilung hat sich verschoben. In einer Welt, in der die USA vom sicheren Hafen zum Unruheherd werden, ist das Investieren in den „Rest der Welt“ keine Wette gegen Amerika, sondern eine Wette auf Vernunft und mathematische Wahrscheinlichkeit. Man kauft dort, wo die Welt noch „normaler“ bewertet ist und streut das Risiko genau dann, wenn es am wichtigsten ist.



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