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Der deutsche, unzufriedene, mitunter militante Fußgänger

Da haut mir doch tatsächlich ein Fußgänger den Ellebogen rein und behauptet, ich hätte ihn angefahren. Aber von vorne.

Ich fahre mit unserem fünfjährigen Kind Schritttempo auf einem Weg, auf dem auch zwei Fußgänger unterwegs sind. Schritttempo meint, dass ich nach oben angerissener Begebenheit sofort neben dem älteren Mann zum Stehen komme, der mir, als ich vor unserem Kind langsam an ihm vorbeifahre, den Ellenbogen an die Seite haut. Nach der aktuellen Gesetzeslage ist es völlig legal, dass Eltern ihre Kinder auf einem Gehweg mit dem Fahrrad begleiten. Besagter Gehweg war und ist etwa 2m breit. Allerdings war dieser Weg noch nicht einmal als Gehweg ausgewiesen, zumindest nicht von der Seite aus, von der ich ihn befahren habe.

Der ältere Herr, möglicherweise unzufrieden mit sich und seinem Leben, wollte wohl deutlich machen, dass er sein vermeintliches Recht als Fußgänger, welches defacto aber überhaupt nicht sein Recht ist, notfalls auch mit unlauteren Mitteln zu verteidigen bereit ist. Er haute mir also den Ellebogen in die Seite und ich blieb augenblicklich stehen und fuhr ihn verbal sehr laut an: Was fällt Ihnen überhaupt ein? Es ergab sich ein verbaler Schlagabtausch, der Mann wich etwas zurück und meinte irgendwann, ob ich noch etwas zu sagen hätte. Ihm war offensichtlich die Spucke weg geblieben, weil ich mir das Ganze nicht gefallen ließ.

Zwischendrin hatte besagter Mann doch infamer Weise glatt noch behauptet, ich hätte ihn angefahren. Als dann eine Frau hinter mir auf dem Fahrrad anhielt und ebenfalls laut deklarierte, sie hätte alles gesehen und er solle sich nicht so aufführen bei dem, was er getan hatte, wusste er nicht mehr viel zu sagen und merkte wohl, dass er mit seiner Lüge nicht durchkommen würde.

Warum eigentlich das Ganze? Ich vermute, so etwas gibt es wahrscheinlich nur in Deutschland. Den Menschen geht es hier einerseits insgesamt doch relativ gut, manchen vielleicht zu gut, manche sind dabei aber gleichzeitig unzufrieden. Und irgendwo möchten sie diese Unzufriedenheit dann herauslassen. Widerwärtig sein zu anderen Menschen, nur um sich selber besser zu fühlen.

Manchmal schämt man sich, in Deutschland zu leben. Und Deutscher zu sein. Man dachte schon, es wäre endlich wieder okay, diese Herkunft zu besitzen, nach all dem, was die Vorfahren an grauenvollen Untaten verbracht hatten. Und plötzlich kann man sich wieder vorstellen, wie so etwas hervorbrechen kann, beispielsweise bei alten, saturierten, unzufriedenen Herren, die nichts besseres zu tun haben, als Ärger zu suchen.

Es gibt leider diese Art von Menschen, die nichts anderes zu tun hat, als andere zu piesacken. In diesem Zusammenhang denke ich an einen ehemaligen Vermieter, dessen Küche an der Kühlschranktürverkleidung einen Kratzer bekommen hatte, weil eines der Füßchen, auf der sie stand, irgendwie weggebrochen war. Dadurch ging die Tür nicht mehr optimal auf. Es war ein Kratzer, der klein war. Nicht groß, sondern klein. Wahrscheinlich nicht von uns verursacht, möglicherweise von Handwerkern, die bei einem Rohrbruch da waren. Dieser Vermieter wollte doch tatsächlich seine komplette Küche neu lackieren lassen. Besagte Küche war aber 15 Jahre alt und stammt von Ikea, kostete damals zum Kaufdatum etwa 1500 D-Mark, was heute etwa 750 € entspricht. Als Kostenvoranschlag für das Lackieren einer Küchentür mailte er uns ein Angebot über 2000 € zu, welches er bei einer Lackiererei für Luxusyachten hatte erstellen lassen.

Deutschland, deine bösartigen Spießer. Zum Glück ist Deutschland bunt und es gibt heutzutage viele Menschen, die auch bunt und tolerant denken. Auch in Deutschland. Aber die Bösartigkeit und Unzufriedenheit gibt es leider auch noch. Und die Missgunst und den Neid und die Niedertracht. Und das störrische Beharren auf dem vermeintlichen eigenen Recht. Koste es, was es wolle. Das ist er also, der deutsche Wutbürger. Ob er gedanklich auch Flüchtlingsheime anzündet?

https://www.pd-f.de/2016/12/13/gesetzesaenderung-eltern-auf-den-gehweg/

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