Darf man Menschen töten, wenn sie es selber nicht mehr mitkriegen? Darf man Säuglinge töten, weil sie das ja noch nicht wahrnehmen, angeblich? Sollen Menschenaffen Menschenrechte bekommen? Das sind Themen, mit denen sich Peter Singer beschäftigt. Und man kann sagen, er polarisiert sehr mit seinen Ansichten.
Der Australier Peter Singer gilt als der Hauptvertreter des sogenannten Präferenzutilitarismus. Dieser ist eine Unterart des Utilitarismus.
Letzterer bezeichnet eine Form der Ethik. Der Name leitet sich vom lateinischen utilis her, was soviel bedeutet wie nützlich. Es ist also eine Ethik der Nützlichkeit. Sie wird oft in Demokratien angewandt, da sie letztlich auf dem Prinzip der Mehrheitsverhältnisse basiert.
Grundlegend für den Utilitarismus ist die Vorstellung, für eine möglichst große Anzahl an Individuen möglichst großes Glück zu erzielen. Jedes Individuum hat prinzipiell die gleichen Rechte und zählt in der Wertung gleich viel. Bei dem Streben nach Glück spricht man von dem sogenannten “greatest happiness principle”. Die Auswirkungen einer Entscheidung sollen für möglichst viele Menschen möglichst viel Glück bringen.
Beim Präferenzutilitarismus des Peter Singer ist es so, dass es noch darauf ankommt, ob das Individuum Präferenzen besitzt und sich selbst als Entität wahrnimmt.
Entität meint, dass man sich selber als etwas Existierendes, als etwas Seiendes wahrnimmt.
Präferenz bedeutet, dass diese Entität, in unserer Vorstellung zunächst also einmal der Mensch, Präferenzen hat, dass er also zum Beispiel den Wunsch hat, weiter zu leben und gewisse Präferenzen beziehungsweise Wünsche oder Vorstellungen für seine eigene Zukunft hat.
Je nachdem, wie stark die Entität und deren Präferenzen ausgeprägt sind, so meint Peter Singer, könne man im Falle einer Dilemmasituation Abwägungen treffen. Da beispielsweise Menschenaffen sich selbst als Entität wahrnehmen und Präferenzen besitzen, so Singer, müssten sie im Grunde Menschenrechte zugestanden bekommen.
Das mag man Peter Singer ja noch zugestehen. Heikel wird es, wenn gewisses Gut rar ist und man in dem Dilemma steckt, es irgendwie aufteilen zu müssen. Wenn also beispielsweise das Geld für die medizinische Versorgung von Menschen knapp ist, dann müssen gewisse Kriterien dafür herhalten, um festzulegen, wer eine medizinische Versorgung bekommt und wer nicht. Beim Gesundheitssystem in England wird schon seit längerem nach ähnlichen Kriterien verfahren. Patienten, die gute Heilungschancen haben, erhalten schneller eine Operation, als Menschen, die alt und krank sind und deren Heilungschancen nicht allzu gut sind.
Noch ein Stück heikler wird der Präferenzutilitarismus, wenn Peter Singer die Meinung vertritt, dass gerade geborene Säuglinge gewissermaßen verspätet abgetrieben werden dürften, also getötet werden dürften, da sie sich noch nicht als Entität verstünden und auch keine Präferenzen hätten.
Diese Unterart des Utilitarismus bietet also durchaus und gerade aus christlicher Sicht eine breite Angriffsfläche.
Aus christlicher Sicht ist jeder Mensch gottgewollt und bezieht aus dieser Prämisse letztlich auch seine Menschenwürde. Man dürfte also in keinem Fall eine Mehrzahl von Menschen gegen eine kleinere Zahl aufwiegen .
Man käme allerdings auch aus einem Dilemma nicht heraus, wenn man beispielsweise in einem Flugzeug für 100 Passagiere keinen Sauerstoff mehr bereitstellen könnte. Der Utilitarismus würde sagen, es sei besser, dass 51 Passagiere überleben, als dass 100 umkommen. Insofern ist der Utilitarismus bisweilen zumindest theoretisch nachvollziehbar, wenn es darum geht, Dilemmasituationen lösen zu müssen.
Nicht nachvollziehbar ist er allerdings dann, wenn prinzipiell die nötigen Ressourcen durchaus vorhanden wären, aber die Menschen eben keine Lust haben, dafür Geld auszugeben. Wenn also das Gesundheitswesen nicht genug Geld bereitstellt, um alte und kranke Menschen zu versorgen, weil die Menschen ihr Geld lieber für ein neues Auto oder Ihren Urlaub ausgeben, solange zumindest, solange sie selbst noch nicht alt und krank und schwach und hilfsbedürftig sind.
Das christliche Menschenbild dagegen würde es absolut verbieten, Menschen nur aufgrund ihres Alters oder ihrer vermeintlichen Heilungschancen Operationen zu versagen. Jeder Mensch hat die gleiche Menschenwürde, jeder Mensch ist gleich viel wert.
Als Abschluss noch ein Schlussgedanke: Der Utilitarismus kennt keine Menschenrechte. Ihm zu Folge kann es Menschenrechte zwar durchaus geben, wenn die Mehrheit der Menschen dies wünscht, ein Automatismus ist dies aber nicht. Der einzelne beziehungsweise die Minderheit zieht im Utilitarismus immer den Kürzeren.
Es wird abzuwarten bleiben, wie Peter Singer seine Art der Ethik vertreten wird, wenn er selbst alt, schwach und hinfällig und der Gesellschaft eine Last sein wird. Vermutlich wird er aber genug Geld besitzen, um die Auswirkungen des Präferenzutilitarismus nie erleben zu müssen.
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