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Deutschland. Warum ein Shutdown unwahrscheinlich und zugleich wahrscheinlich ist

67 % der Deutschen sind aktuell vollständig geimpft. Die Infektionszahlen in Deutschland steigen stark. Die Intensivstationen füllen sich allerdings hauptsächlich mit Menschen, die nicht geimpft sind. Einige von diesen konnten sich nicht impfen lassen, aus medizinischen Gründen, die meisten aber hätten sich vermutlich impfen lassen können, haben das aber aus irgendwelchen Gründen nicht getan; vielleicht deswegen, weil sie schlecht oder falsch informiert waren oder sich schlecht oder falsch informiert haben, was nach über 1,5 Jahren Pandemie aber schon zu hinterfragen wäre.

Bisher ist es noch relativ warm in Deutschland, der Winter hat noch gar nicht richtig angefangen, man kann noch gut draußen etwas unternehmen mit anderen Leuten und man kann auch noch gut lüften. Wenn es aber richtig kalt wird draußen, könnten die Infektionszahlen noch weiter steigen.

Es könnte nach und nach der Fall eintreten, dass im ganzen Land Intensivstationen keine Betten mehr frei haben, weil dort hauptsächlich Menschen mit Covid 19 liegen, von denen die meisten sich wohl hätten impfen lassen können, es aber nicht getan haben.

Und was dann? Menschen, die einen Unfall hätten, Menschen, die eine dringende Operation bräuchten, könnten nicht mehr verpflegt werden, weil die intensivstationen voll sind.

Die Politik könnte dann mit einem Lockdown oder Shutdown reagieren. Aber für wen?

Ein Shutdown für die nicht Geimpften? Dabei ist das diejenige Gruppe, die dem Staat ohnehin schon skeptisch gegenüber zu stehen scheint, zumindest zu einem gewissen Teil. Ein solcher teilweiser Shutdown könnte also einen gewissen Teil dieser Gruppe in eine radikale politische Ecke treiben.

Oder einen Shutdown für die gesamte Bevölkerung? Die 67% der Bevölkerung, die sich haben impfen lassen, würden das aber womöglich nicht mehr mittragen, denn diese Menschen haben sich ja unter anderem auch deswegen impfen lassen, um einen erneuten Shutdown und die damit einhergehenden wirtschaftlichen und sozialen Härten zu vermeiden.

Wenn aber die Bevölkerung einen Shutdown nicht mehr mittragen würde, müsste ein solcher entweder mit repressiver Gewalt durchgesetzt werden, was die Menschen vom Staat entfremden könnte, oder man würde womöglich von staatlicher Seite aus auf die Durchsetzung verzichten, was bedeuten würde, dass die Maßnahmen, die der Staat verhängt hat, ignoriert werden dürfen. Dies hätte allerdings verheerende Auswirkungen auf viele Bereiche, in denen der Staat das Gewaltmonopol hat, denn der Staat würde nicht mehr ernst genommen werden und stünde damit in der Gefahr, aufzuhören, Staat zu sein. Denn der Staat dürfte für die meisten Menschen unter anderem auch nur deswegen Legitimität haben, weil er für Ruhe, Ordnung und Gerechtigkeit sorgen kann.

Als Ausweg könnte der Politik dann einfallen, doch noch eine Impfpflicht einzuführen, allerdings natürlich viel zu spät. Denn die Intensivstationen wären ja voll.

Oder aber die Politik würde stillschweigend oder auch mit mahnenden und warnenden Worten hinnehmen, dass eben Menschen sterben, weil sie sich nicht haben impfen lassen, dass aber ebenso auch andere, an der ganzen Misere völlig unschuldige Menschen sterben, weil sie für eine Notoperation oder eine andere schwere Krankheit einfach keinen Platz mehr auf Intensivstationen bekommen würden.

Des weiteren könnte eine Diskussion über die Triage aufkommen. Eigentlich heißt es, dass man Menschenleben nicht gegeneinander ausspielen darf. Ein Verbrecher muss genauso medizinisch behandelt werden, wie ein Heiliger. Nun sind Menschen, die sich nicht impfen lassen, keineswegs Verbrecher, sie sind, neben anderen Gründen, vielleicht einfach nur der falschen Propaganda auf den Leim gegangen. Was aber tun, wenn man entscheiden müsste, wer von zwei Patienten das eine Intensivbett bekommt? Ein 70-jähriger Geimpfter, oder eine 40 Jähriger, der sich nicht hat impfen lassen? Würde man dann weiterhin nach der Überlebenswahrscheinlichkeit urteilen, oder würde man anfangen, auch die vermeintliche eigene Mitschuld mit einzubeziehen? Es würde ethisch kompliziert werden. Die ohnehin schon große ethische Dilemmasituation würde sich unglaublich verkomplizieren.

Wie auch immer, die Lage steuert auf ein mögliches Desaster zu. Vielleicht kommt ja alles nicht so schlimm, wie hier ausgemalt, vielleicht aber doch. Zu dem gesundheitlichen Drama käme dann vermutlich obendrauf noch ein gesellschaftliches Drama, eine tiefe Spaltung der Gesellschaft, eine Polarisierung, die sich spätestens bei den nächsten Wahlen dann auch politisch äußern würde, womöglich zugunsten extremistischer Parteien. Letztlich könnte all dies, wenn es dazu käme, dazu führen, dass die Demokratie und der Rechtsstaat ins Wanken geraten.

Der Umgang der Politik mit Corona und dessen Auswirkungen könnte also Auswirkungen weit über den Einzelnen hinaus haben, Auswirkungen nämlich auf den gesamten Staat.

Ein erneuter Shutdown wäre also einerseits wahrscheinlich, weil man ihn dringend bräuchte, um Menschenleben zu retten, er wäre aber andererseits zugleich unwahrscheinlich, weil er die Gesellschaft und den Staat zerrütteten könnte, was in der Folge ebenfalls und in größerem Ausmaß Menschenleben gefährden könnte.

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