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Das unmoralische Angebot von Radio Gong. Eine ethische Einschätzung

Der Münchner Lokalsender „Radio Gong“ macht derzeit auf sich aufmerksam, indem er Hörer*innen 1000 € bietet, wenn sie eine mitunter moralisch zweifelhafte Handlung ausführen.

Man sitzt am Radio und möchte derlei eigentlich nicht unbedingt hören, hat aber auch keine Lust, müde in der Früh den Sender zu wechseln. Würde man sich dazu aber aufraffen, würde man den Weg zurück zu dem Sender vielleicht auch nicht mehr nehmen.

Kürzlich ein sogenanntes unmoralisches Angebot, das noch recht harmlos war. Einer Hörerin wurden 1000 € geboten, wenn sie für eine Woche ihr Smartphone abgibt. Sie stimmte zu, irgendjemand von Radio Gong kam vorbei und nahm ihr das Smartphone ab.

Diese Aktion war relativ unkritisch, es sei denn vielleicht, die Hörerin wäre irgendwo unterwegs, wo sie unter normalen Umständen mit dem Smartphone schnell den Notruf hätte wählen können, es aber nicht dabei hätte und so in Bedrängnis käme. Aber sie hat es ja selbst und freiwillig abgegeben. Ihr Pech. Und in Zeiten, in denen keine Notlage ist, in denen es der Hörerin einfach langweilig ist, könnte sie ja einfach Radio hören. Radio Gong beispielsweise.

Andere Aktionen sind aber doch etwas zweifelhafter. Kürzlich sollte und wollte ein Hörer für 1000 € ein Schwein schlachten. Der Gedanke des Radiosenders war womöglich, den Hörern einmal deutlich zu machen, dass das Fleisch, das man isst, ja nicht vom Baum stammt, sondern dass Tiere dafür sterben müssen. Von daher eine aufsehenerregende, aber in gewisser Weise sinnvolle Aktion. Das Sterben der Tiere wurde so aus der Abgeschiedenheit der Schlachthöfe in die Öffentlichkeit geholt und dort mit einem medialen Scheinwerfer beleuchtet. Der Hörer brach auf der Fahrt zum Schlachthof die Aktion ab.

Aktuell soll ein Hörer, der sich dazu bereit erklärt hat, sich an einen Wehensimulator anschließen, um einmal selbst fühlen zu können, wie schmerzhaft es für eine Frau ist, ein Kind zur Welt zu bringen.

Diese Aktion unterscheidet sich von den beiden vorausgegangenen. Denn hier erfährt ein Mensch erstmals selbst Schmerz, obwohl er das überhaupt nicht bräuchte. Er setzt sich Schmerzen aus, einerseits vielleicht als Mutprobe, andererseits aber auch für Geld. Radio Gong bietet das Ganze an, vordergründig wohl als Event und um Männern womöglich ein vertieftes Verständnis für Frauensachen zu vermitteln, hintergründig aber wohl deswegen, weil derartige Aktionen natürlich in der Gesellschaft polarisieren und so der Hörerkreis größer werden könnte. Für den Radiosender dürfte also der Aspekt der Werbung im Vordergrund stehen. Und hier muss man dann sagen, dass ein solcher Hintergrund tatsächlich moralisch zweifelhaft ist. Werbung für einen Lokalsender mit zwar freiwillig auf sich genommenen Schmerzen, aber eben mit Schmerzen. Ein Mensch kommt hier – zeitweise – gewissermaßen zu Schaden, um dafür Geld zu erhalten.

Man wartet fast darauf, bis der Sender einem potenziellen Organspender das Angebot macht, für 1000 € eine Organtransplantation an einen anderen Menschen zu absolvieren. Vordergründig der guten Sache wegen. Hintergründig, Sie wissen schon, aus Werbezwecken für den Sender.

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