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Einfach nur Mensch sein

In den 70er und 80er Jahren pilgerten viele Europäer in den Ashram des indischen Bhagwan Shree Raineesh nach Puna/Indien und später in die USA. Sie suchten dort Erfüllung und Erleuchtung durch Meditation und andere Maßnahmen. In Deutschland bildeten sich Kommunen, die nach den Vorstellungen des Bhagwan lebten.

Bhagwan ist in Indien der Ausdruck für Gesegneter, Erhabener, Gott, Herr, Glücklicher, Verehrungswürdiger, Liebenswerter (Wikipedia).

In den 80er Jahren löste sich die Bewegung aufgrund mehrerer schwerer Verbrechen von Mitarbeitenden des Bhagwan auf. Seine Anhänger, die Sannyasin, waren zutiefst enttäuscht.

Eine ehemalige Sannyasin bekannte in einer WDR 5-Radiosendung am 5. Juni mit dem Titel Ekstase statt Askese – Bhagwan in Köln (Teil 3) am vergangenen Samstag:

Gelernt habe ich, dass die Erleuchtung eine Chimäre [ein Mischwesen] ist,

eine Sehnsucht, die missbraucht und ausgebeutet werden kann.

Mir reicht es inzwischen, ein Mensch zu sein – ganz einfach ein Mensch.

Besonders der letzte Satz ist mir nachgegangen. Es ist ein wahrhaft christlicher Satz. Denn Christen wissen: Es ist wunderbar, einfach ein Mensch zu sein.

Furchtbar hingegen ist es, dass wir immer mehr sein wollen als ein Mensch: ein bedeutender Mensch, ein außerordentlicher Mensch, ein Erleuchteter, ein Wissender, ein Verehrungswürdiger, ein Vollkommener – ein Gott.

Wir müssen das alles nicht sein. Wir müssen vor allem nicht versuchen, es aus uns zu machen. Wir dürfen und sollen nichts weiter sein als ein Mensch. Denn als Menschen hat uns Gott geschaffen. Und als Menschen können wir Kinder Gottes sein.

Das einzige, wonach wir als Menschen streben sollen, ist, uns von Gott erneuern zu lassen: Erneuerung zuzulassen; geschehen zu lassen, was durch Gott an uns geschieht. Ohne Druck, ohne Zwang. Wenn scheinbar nichts geschieht oder nicht das, was wir uns wünschen, ist es auch gut. Es wird aber etwas geschehen, wenn wir Gott wirken lassen.

Und es wird uns dann alles, dessen wir sonst noch zu einem guten Leben bedürfen, dazugegeben werden (Mt 6,33; Lk 12,31) – ohne dass wir uns darum gesorgt und etwas aus uns gemacht haben.

Wir sollen Menschen sein und nicht göttliche Wesen. Diese Wahrheit ist wunderbar befreiend.

Von Klaus Straßburg.

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