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Darf Theologie politisch sein?

Von manchen Menschen hört man manchmal die Forderung, die Kirche solle sich doch bitte aus der Politik heraushalten, die Theologie solle nicht politisch sein.

Wenn man sich aber einmal beispielsweise die christliche Theologie und die daraus entstehenden ethischen Forderungen ansieht, die Nächstenliebe, die Feindesliebe, die Vorstellung, dass jeder Mensch zum Ebenbild Gottes geschaffen ist, so dass also jeder Mensch eine ganz besondere Würde hat, die Menschenwürde, die aus diesem theologischen Grund heraus auch nicht verletzt werden darf, bei keinem Menschen, dann wird man feststellen, dass Theologie politisch ist. Und sie ist es nicht nur, sie war es schon immer. Darum ist die Forderung dieser oben erwähnten Menschen naiv.

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16 Kommentare

  1. Nirmalo

    Zunächst sollte unterschieden werden zwischen:

    ◾ Religion
    ◾ Theologie
    ◾ Spiritualität

    ◾ Die Religion ist exoterisch, Allen zugänglich und den Meisten verständlich. Sie ist ein Konstrukt, das viele Menschen oft lebenslänglich begleitet.

    ◾ Die Theologie ist der intellektuelle Teil – nur Wenigen vorbehalten.

    ◾ Die Spiritualität ist esoterisch („verborgen“), ausschließlich individuell und nach Innen, auf den Kern gerichtet.

    Die Spiritualität ist der wertvollere Teil. Sie ist Allen und zu jeder Zeit zugänglich und voraussetzungslos. Es werden keine Räume gebraucht, keine Schriften, keine ideologischen (Glaubens-)Konstrukte, keine Bildungsvoraussetzungen, keinerlei Wissen… Die Frömmigkeit, wie sie im Christlichen genannt wird, ist von äußeren Umständen und Vorgaben komplett unabhängig.

  2. Nirmalo

    Einer der Fische: „Von manchen Menschen hört man manchmal die Forderung, die Kirche solle sich doch bitte aus der Politik heraushalten, die Theologie solle nicht politisch sein.“

    Dabei geht es nicht um eine „Forderung“, sondern um EINSICHT.

  3. Klaus

    Vielleicht kann man sagen: Manche fordern die Einsicht, die Kirche solle sich aus der Politik heraushalten. Diese Forderung aber muss begründet werden, wenn Einsicht aus ihr folgen soll.

    Zur Frömmigkeit / Spiritualität: Ich setze voraus, dass nur ein Gott existiert. Da es aber verschiedene Arten von Frömmigkeit gibt, die sich Gott jeweils anders vorstellen, kann man nicht ausschließen, nein: muss man davon ausgehen, dass manche Arten von Frömmigkeit sich Gott so vorstellen, wie er gar nicht ist, und deshalb Gott auch so verehren, wie er gar nicht verehrt werden will. Darum heißt das (nach reformierter Zählung) zweite Gebot: Du sollst dir kein Bild von Gott machen.

    Da wir aber ohne Bilder nicht auskommen, stehen wir alle in der Gefahr (und die Frommen / Spirituellen besonders), sich Gott so vorzustellen, wie er gar nicht ist. Wahrscheinlich ist es nicht nur eine Gefahr, sondern eine Realität. Das macht bescheiden und lässt um Erkenntnis (Einsicht) bitten.

  4. Nirmalo

    Fisch: „die christliche Theologie und die daraus entstehenden ethischen Forderungen“

    Zu wissen was RECHT ist (ethisch) und sich so zu verhalten,
    ist keine Erfindung der christlichen Theologie! Dafür wird
    das Christentum nicht gebraucht.

    Es liegt an der MACHT (nicht an der Theologie) der Religionen,
    daß sie mittels ihrer Strukturen und Kodizes mäßigenden Einfluß
    auf das Verhalten des Gros der Menschen hatten und haben.

    ❄️

    Fisch: „die Menschenwürde, die aus diesem theologischen Grund heraus…“

    Die Menschenwürde ist nicht
    vom Christlichen abhängig !

    Ob es das Christentum gab oder noch gibt, spielt
    bezüglich der Würde des Menschen keine Rolle.

  5. Nirmalo

    Klaus: „die Kirche solle sich aus der Politik heraushalten. Diese Forderung aber muss begründet werden, wenn Einsicht aus ihr folgen soll“

    1. Einsichten geschehen spontan.
    2. Einsichten sind nicht Teil der Logik.
    3. Einsichten geschehen aus heiterem Himmel.
    4. Einsichten sind nicht die Folge von Begründung.
    5. Einsichten geschehen, wenn (und wem) sie geschehen.
    6. Einsichten müssen (und können) nicht begründet werden.
    7. Einzige Voraussetzung für Einsicht: Die Bereitschaft, Offenheit.
    8. Für Einsichten müssen wir uns nach Innen wenden, nicht nach Außen.
    9. Selbst über die umfangreichsten oder stichhaltigsten Begründungen haben wir nicht die Macht, auch nur eine einzige Einsicht zu generieren, denn die Einsichten sind Teil der Vertikalen und nicht (wie die Informationen und das logische Denken) Teil der Horizontalen.

  6. Nirmalo

    Klaus: „dass manche Arten von Frömmigkeit sich Gott so vorstellen, wie er gar nicht ist“

    1. Die „Frömmigkeit“ kann sich nichts vorstellen, nur ein Mensch kann das.
    2. Daß sich Menschen „Gott so vorstellen wie er gar nicht ist“, ist unvermeidlich: Er entspricht keiner Vorstellung, er ist nicht einmal ein „er“.
    3. Niemand kann sich Gott „richtig“ vorstellen.
    4. Der Mensch bedarf nicht zwangsläufig einer Gottesvorstellung!
    5. Der Imperativ: „Du sollst dir kein Bild machen!“ hat hier seinen Grund. Jedes Bild ist falsch und… möglicherweise eine Behinderung.

    ❄️

    Klaus: „und deshalb Gott auch so verehren, wie er gar nicht verehrt werden will“

    Wer sollte denn wissen können,
    wie „Gott“ verehrt werden will? 😇

    ❄️

    Klaus: „Da wir aber ohne Bilder nicht auskommen…“

    Wenn du nicht ohne… kannst, müssen nicht auch andere… 😉

    Es gibt viele Menschen, die nicht einmal das Wort „Gott“
    im Programm haben. Es wird nicht zwangsläufig gebraucht.

  7. Klaus

    Interessante und wichtige Thesen. Schön, darüber ins Gespräch zu kommen.

    1. Ethik ist keine Erfindung christlicher Theologie und ethisches Verhalten auch nicht. Eine andere Frage ist es aber, ob ein christlicher Geist (der Geist Gottes, über den kein Mensch verfügt, sondern der nach biblischem Verständnis von Gott über Menschen ausgegossen wird) für eine gute Ethik (es gibt auch schlechte Verhaltensnormen) und für das entsprechende Handeln nötig ist.

    2. Wenn es stimmt, dass Menschen die Macht zu gutem ethischen Verhalten nicht von sich aus haben, sondern von Gott bekommen, liegt es nicht an der Macht der Religionen, auf menschliches Handeln positiv zu wirken, sondern an der Macht Gottes.

    3. Die Entwicklung der Menschenrechte, die auch die Menschenwürde umfassen, ist historisch gesehen maßgeblich durch das Christentum mitbestimmt.

    4. Es ist müßig, über die Definition des Wortes „Einsicht“ zu streiten. Wenn man Einsicht als Ereignis der Vertikalen verstehen will, dann ist sie so etwas wie eine Eingebung Gottes oder des göttlichen Geistes. Der Geist Gottes ist aber ein Freund der Vernunft. Darum schließt es sich nicht aus, dass Einsichten von Gott vermittelt werden und dennoch durch die Vernunft begründet werden.

    5. Ich stimme zu, dass menschliche Gottesvorstellungen immer „daneben liegen“. Gott ist anders als unsere Bilder von ihm. Zwar bedarf der Mensch keiner Gottesvorstellung. Nicht jeder hat Gott „im Programm“. Aber wenn ein Mensch in einer Gottesbeziehung lebt, kann er ohne eine Vorstellung von dem, zu dem er in Beziehung steht, nicht auskommen. Das Bilderverbot verbietet insofern nur, sich ein selbstgemachtes Bild von Gott zu entwerfen und Gott auf dieses Bild festzulegen. Stattdessen soll der Mensch sich dafür öffnen, was ihm Gott selbst durch seinen Geist als Gott offenbart. Dasselbe gilt für die Art und Weise, wie Gott verehrt werden will: offen sein für Gottes Wirken im Menschen.

    Alles in allem geht es mir um das Wirken Gottes in uns: im ethischen Denken und Handeln, in der Gottesvorstellung und Gottesverehrung. Zwar möchte der Mensch sich seinen eigenen Gott basteln (siehe die Geschichte von Israels goldenem Kalb, das eigentlich ein Stier war, also eine starke Macht), gerät damit aber immer an Götzenbilder. Deshalb können wir nur auf die Erleuchtung warten, die von Gott selbst kommt.

    Und woher wissen wir, dass die Erleuchtung von Gott kommt? Das wäre dann die nächste Frage …

  8. Nirmalo

    Eine Religiosität, in der das Wichtigste den wichtigsten Platz inne hat und alles andere den äußeren Rand ausmacht, richtet sich nicht am Mainstream aus, macht nicht zentral „Sozialarbeit“ und wird auch nicht „politisch“. Das ist alles nicht ihr Job.

    Die Job-Beschreibung der Theologen: Die ihnen anvertrauten Menschen bei ihrer spirituellen Wendung nach Innen… unterstützend beizustehen. Was natürlich voraussetzt, daß 1. ihnen selber die Spiritualität nicht fremd ist und 2. sie sich ihres Auftrags und der damit verbundenen Verantwortung voll bewußt sind.

    Verlieren die Geistlichen das Geistliche aus den Augen, fokussieren sie auf die Themen der Peripherie und verraten so ihren Auftrag.

    Priesterschaft heißt, sich der Vermittlung und
    der Ausrichtung des Geistes der Menschen auf
    den Geist Gottes, verantwortlich bewußt zu sein.

    Während das Geistliche sukzessive die Religion verläßt, gewinnen Sozialarbeit, Politik und das kollektive Denken die Oberhand. Es wird zu oft an den Schwund der Kirchen-Mitgliedschaften gedacht und der Fokus bewegt sich schleichend vom Zentrum weg zur Peripherie, in die Profanisierung.

    • Klaus

      Ich stimme dir fast in allen Punkten zu. Nur eins sehe ich anders: Die Ausrichtung auf „das Wichtigste“ (ich würde es den Glauben nennen, nenn es aber ruhig die Spiritualität) impliziert die Nächstenliebe. Andernfalls wird der Glaube oder die Spiritualität zum egozentrischen Erlebnis. Kein Glaube ohne Liebe zum Nächsten, keine Gebote 1 bis 3 (die auf Gott zielen) ohne die Gebote 4 bis 10 (die auf den Mitmenschen zielen). Aber umgekehrt soll die Liebe zum Nächsten auch nicht ohne Glauben sein. Ich denke, der Glaube bzw. die Spiritualität führt zur Liebe. Vielleicht kann man Glaube/Spiritualität das ausstrahlende Zentrum nennen, das aber ohne die Taten der Liebe unvollständig und darum in sich mit einem Mangel behaftet ist. Sozialarbeit und Politik sollen also NICHT, wie du auch sagst, die Oberhand gewinnen; sie sollen aber auch nicht unter einer rein selbstbezogenen Spiritualität untergehen. Vielleicht können wir uns ja in dieser Weise einig werden.

  9. Nirmalo

    Klaus: „1. Ethik ist keine Erfindung christlicher Theologie und ethisches Verhalten auch nicht.“

    Hier sind wir offenbar mal einig.

    ❄️

    Klaus: „der Geist Gottes, über den kein Mensch verfügt, sondern der nach biblischem Verständnis von Gott über Menschen ausgegossen wird“

    Ich würde es ein wenig anders formulieren, aber ja, das ist genau MEIN Verständnis. Daß es deiner Recherche nach zufällig auch das „biblische Verständnis“ sei, das ist für mich irrelevant.

    ❄️

    Wo wir beide aber hart auseinander driften ist:

    Klaus: „ob ein christlicher Geist (der Geist Gottes…“

    Der Geist Gottes ist kein Chauvinist, er ist nicht „christlich“! Er steht nicht einer albernen Partei vor.

    Der Geist Gottes weht, wo er weht.
    Er fragt nicht nach dem Taufnamen.

    Weil der Geist Gottes überall weht,
    …kann sich ihm auch jeder öffnen:

    ❄️

    Wenn es jemandem unter euch
    an Weisheit mangelt,
    so bitte er Gott,
    der jedermann gern gibt
    und niemanden schilt,
    so wird sie ihm gegeben werden.

    ~ Jakobus 1,5

    • Klaus

      Hier liegt ein Missverständnis vor: Ich hatte mit „christlichem Geist“ keinen im Christentum institutionalisierten Geist gemeint und stimme dir voll zu darin, dass der Geist Gottes weht, wo er will (z.B. auch in Menschen, die sich meinetwegen als Atheisten verstehen, aber voller Liebe zu ihren Mitmenschen sind) und dass jeder Mensch berufen ist, sich für ihn zu öffnen. Mit „christlichem Geist“ meinte ich also einen von Gott mit seinem Geist im Sinne Jesu Christi begabten menschlichen Geist, ganz unabhängig von der Religion oder Weltanschauung des Menschen. Ich könnte es auch so ausdrücken: Alles Gute, was geschieht, ist abhängig von Gottes gutem Geist, der zugleich der Geist Jesu Christi ist.

      Schön, dass wir (hoffe ich) gar nicht weit auseinander liegen.

  10. Nirmalo

    Zu 2.

    Klaus: „liegt es nicht an der Macht der Religionen, auf menschliches Handeln positiv zu wirken“

    Religionen haben aus sich heraus keine Macht, aber eine Religion
    kann für Machtzwecke benutzt werden, zum Beispiel durch Priester:

    Macht: Zum (Selbst-)Zweck des Macht-Erhalts einer Institution,
    oder zum Zweck von Verhaltens-Regulierung unterhalb der Gesetze.

    Wirkungsvolle Elemente für Macht(-Erhalt): Sünde, Schuld, Angst.

    ❄️

    Klaus: „Wenn … Menschen die Macht zu gutem ethischen Verhalten … von Gott bekommen, liegt es … an der Macht Gottes.“

    Mit der Personifizierung Gottes wird es etwas komisch. 😇
    Das sollten wir lassen; im Sinne von: Kein Bild machen!

    ❄️

    Klaus: „Wenn … Menschen die Macht zu gutem ethischen Verhalten nicht von sich aus haben“

    Eine Ethik wird nur dann gebraucht, wenn Gesellschaften von
    Menschen die Verbindung zur inneren Führung verloren haben.

    Wo diese Verbindung intakt ist, wird keine Ethik,
    wird keine Moral gebraucht. Sie ist ein Notbehelf.

    ❄️

    Klaus: „…nicht von sich aus haben“

    Doch, die haben sie von sich aus,
    so wie ich sie von mir aus habe.

    Die „Macht“, sich anständig zu verhalten, ist
    JEDEM Menschen gegeben. Aus sich heraus.

    Es ist auch keine Frage der MACHT, sondern eine der
    Frequenz. Je niedriger die Frequenz, desto schwieriger…

    Auch Jesus mußte seine Leute – nicht nur einmal –
    ermuntern, die Frequenz zu erhöhen: „Freut euch!“

    Die Freude ist eine enge Freundin der Liebe.

    In der Frequenz der Freude kannst du nichts
    Schlimmes anstellen. Das geht einfach nicht.

    Gruß zum
    Wochenende!

  11. Nirmalo

    Klaus, wenn du (14.2.21 – 20:53) sagst: „Alles Gute, was geschieht,
    ist abhängig von Gottes gutem Geist“, dann sagst du gleichzeitig:
    „Alles Böse, was geschieht, ist abhängig von Gottes bösem Geist“.

    Oder du spaltest Gott in gut und böse. Das ist der übliche Weg:
    Dem „einfachen Gläubigen“ wird etwas vom Teufel erzählt, auf
    den wir das Böse projizieren können.

    Damit behält der Herr Gott in unseren Augen eine weiße Weste.

    Ähnliches passiert mit dem freundlichen Nikolaus, dessen
    schwarze Seite der strafende Knecht Ruprecht übernimmt.

    Das ist etwas für kindliche Geister,
    denen man etwas vormachen kann.

    Wir alle haben alles dem Menschen Mögliche in
    uns. Vom tiefsten schwarz bis zum hellsten weiß.

    Ganz unabhängig von „Gott & Teufel“.
    Sie sind bloß interessante Kinderbilder.

    Jeder von uns ist in der Lage, des Rechte zu erkennen und vom
    Falschen zu unterscheiden. Ganz egal, ob wir früher katholisch,
    islamisch oder indianisch konditioniert wurden: Wir wissen es.

    Und jeder von uns hat – ab einem gewissen Alter – die
    alleinige Verantwortung für sein Denken und Handeln.

    Für die UnEinSichtigen wurden Moral und Gesetze gemacht.

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