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„Wollt ihr den totalen Lockdown ?“

Manchmal kann Rhetorik auch ein wenig entgleisen.

Armin Laschet beispielsweise wollte womöglich auch mal ein bisschen so durchsetzungsstark wie Herr Söder aus Bayern wirken und forderte aus vielleicht diesem Grund den „End-Lockdown“ für Deutschland forderte. Ein wenig unglücklich formuliert, denkt man dabei als geschichtsbewusster Bürger doch schnell an „Endlösung“ der Nazis, die nichts anderes war als die systematische Ermordung von Millionen jüdischer Menschen.

Es ist wichtig und essentiell, die Infektionszahlen in Deuschland massiv zu senken, aber dabei sollte man nicht auf geschichtsvergessene rhetorische Blüten zurückgreifen. Was wäre denn auch ein „End-Lockdown“ ? Wäre danach die Pandemie zu Ende. Wohl kaum. Die Fallzahlen wären niedriger, hoffentlich, aber ein Ende der Pandemie dürfte realiter erst kommen, wenn genügend Menschen geimpft worden sind. Bis dahin sollte man rhetorisch nicht weiter aufrüsten, damit nicht irgendwann noch eine Stilblüte wie in der Überschrift vorkommt, die an Göbbels Aufruf zum „totalen Krieg“ erinnern würde.

Allerdings muss man auch ein wenig zurückrudern. Denn in einigen Medien wird Laschet so zitiert, dass er vom „Jahresend-Lockdown“ gesprochen hat. Je nachdem, ob man das „End“ nun auf das Jahr oder auf den Lockdown bezieht, ergeben sich hier Akzentverschiebungen. Und es ist natürlich nicht unproblematisch, wenn von der Presse dann jedes Zitat viral gemacht wird und einem Politiker gleich um die Ohren fliegt. Insofern: ungünstige Formulierung, die aber sicherlich keine Anspielung auf diesen unseligen geschichtlichen Kontext sein sollte (wozu auch?). Dennoch schwingt dieser Kontext schnell mit und dennoch: Worte bleiben Worte und Worte bleiben im Gedächtnis. Gerade bei einem so heiklen Thema sollte man sich als Ministerpräsident eines Bundeslandes doch die Wortwahl vor der öffentlichen Benutzung der Worte gut überlegt haben.

Nehmen wir die Pandemie ernst. Nehmen wir aber auch die Geschichte und die Sprache ernst. Denn Sprache formt unsere künftige Geschichte. Es ist nicht egal, was wir sagen. Es ist aber auch nicht egal, wie wir es sagen.

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4 Kommentare

  1. chris

    Die Politiker sollten weniger schwätzen und mehr auf die berufenen Stimmen der Wissenschaftler hören, die wirklich Ahnung haben. Stattdessen geht es um wahltaktische Scharmützel zwischen den Alpha-Männchen in den Ländern oder um die Interessen der Wirtschaft – wie viel ist ein Menschenleben in Deutschland wert? Warten wir noch eine Woche mit täglich 3000 Toten, oder wählen wir das „Ende mit Schrecken“, den Lock-Down? Weihnachten hin oder her – das Virus nimmt darauf keine Rücksicht…. 🙄

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