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Vergeben und verzeihen ?

Aus christlicher Sicht soll man seinem Mitmenschen vergeben.

Die Voraussetzung dafür wird aber oft vergesessen.

Um jemandem vergeben und verzeihen zu können, muss dieser jemand zuerst um Verzeihung bitten. Dies impliziert, dass er sich seiner Schuld bewusst und die Bitte um Vergebung ernst gemeint ist. Allerdings ist das nur ein Teil der Wahrheit. Diese Art von der Vergebung ist bezogen auf den Anderen, der eine Schuld auf sich geladen hat. Er kann sich nur vergeben fühlen, wenn man ihm vergibt.

Bräuchte man als jemand, dem Schuld zugefügt würde, aber immer den Anderen, der seine Schuld erkennen kann und dann auf einen zukommt, um Vergebung zu erbitten, wäre man arm dran. Der Andere hätte Macht über einen. Deswegen geht Vergebung und Verzeihung auch so, dass man einem Anderen ohne dessen vorheriges Handeln oder ohne dessen Gegenwart vergeben kann, wenn man dies will und sich vielleicht die Umstände, in denen er lebt, vergegenwärtigt. Sobald man nämlich einem Anderen vergeben kann, wird man selbst frei und muss diese Gedanken nicht weiter mit sich herumtragen. Der Andere jedoch, dem nicht vergeben wurde, weil er nicht um Vergebung und Verzeihung gebeten hat, trägt weiterhin an seiner Schuld, die er oft auch spürt.

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5 Kommentare

  1. Klaus

    Ich finde wichtig, was du im zweiten Teil schreibst, dass nämlich Vergebung auch ohne Abbitte und Reue des schuldig Gewordenen möglich ist. Vielleicht ist das sogar der christlich angemessenere Weg. Immerhin hat Jesus am Kreuz um Vergebung für die ihn Marternden gebeten, ohne dass diese auch nur an Reue gedacht hätten (Lk 23,34).

    Andererseits sagt Jesus nach Lk 17,3f zu seinen Jüngern, dass sie vergeben sollen, wenn den Sünder seine Sünde reut.

    In der Geschichte von der Heilung des Gelähmten, der zu Jesus gebracht wird, heißt es, dass Jesus „ihren Glauben sah“ und dann dem Gelähmten seine Sünder vergibt (bevor er ihn heilt) (Mk 2,5 und die Parallelen).

    Wie bringt man das zusammen? Ich denke, es ist sicher der bessere Weg, wenn wir bereuen und unsere Schuld bekennen – dann ist uns Vergebung verheißen. Andererseits kann Gott aber auch Schuld vergeben, ohne dass der Schuldige bereut und um Vergebung gebeten hat. Wäre es anders, würden wir ja Gottes Vergebungsbereitschaft einschränken und von unserem Verhalten abhängig machen.

    Die Liebe vergibt ohne Voraussetzungen, so wie jede Mutter ihrem schuldig gewordenen Sohn vergeben wird, wenn sie ihn liebt. Aber die Liebe zielt auf Reue, weil sie auf die Umkehr des Schuldigen zielt, die nur bei Einsicht und Reue möglich ist. Insofern würde ich sagen, dass die Liebe der Reue vorangeht und nicht etwa umgekehrt die Reue der Liebe.

    Warum die Jünger nach Lk 17,3f nur vergeben sollen, wenn der andere bereut, ist mir nicht ganz klar. Es geht in dem Jesuswort darum, wie oft man vergeben soll. Vielleicht wollte Jesus sagen, dass bei vollkommener Uneinsichtigkeit und weiter schuldhaftem Verhalten des anderen das Vergeben schwierig werden kann. Auch das ist ja eine ganz menschliche Erfahrung.

    Dennoch hat Jesus, gerade gemartert, für die Folterknechte um Vergebung gebeten, so groß war seine Liebe. Ich finde das tröstlich. Denn es gibt ja auch Sünden, die uns nicht bewusst sind und die wir deshalb gar nicht bereuen können.

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