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Ist der Zufall zufällig?

Vor langer Zeit las ich der Wochenzeitung Die ZEIT ein Dossier, in dem behauptet wurde, dass es den Zufall als etwas, das sinnhaft sein kann, überhaupt nicht gebe. Stattdessen gebe es nur den statistischen Zufall.

Wenn man beispielsweise über die Straße gehe und in letzter Sekunde nach rechts schaue und so davor bewahrt wird, dass der Bus einen überfährt, so mag einem das selbst sinnhaft vorkommen, angeblich sei es aber nur statistischer Zufall und nichts weiter.

Die Krux und die Fehlannahme des Artikels ist die folgende. Er geht nämlich davon aus, dass es keinen Sinn im Leben gibt. Alles, was passiert, sei sinnfrei. Nur wir Menschen würden Dingen, die passieren, einen Sinn zuweisen, statistisch gesehen sei das alles aber statistischer Zufall.

Der Artikel krankt also an folgenden Grundgedanken. Angenommen, man könnte innerhalb einer Minute die Gespräche auf der ganzen Welt anhören, dann würde man nur ein Kauderwelsch hören. Das bedeutet aber nicht, dass das einzelne Gespräch sinnfrei wäre..

Diese Sinnhaftigkeit stellt der Artikel in Abrede und gibt sich selbst objektiv, obwohl er bereits mit einer eigenen Weltsicht und Vermutung darüber, wie die Welt im Kern beschaffen sei, arbeitet. Eine sehr subtile und zunächst schwer greifbare Umdeutung der Realität.

 

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9 Kommentare

  1. Thomas Jakob

    Interessante Diskussionseröffnung. Den Originalartikel habe ich nicht gelesen, die Annahme, dass es keinen sinnhaften, sondern nur statistischen Zufall gibt, würde ich so auch treffen.

    Damit halte ich die Sinnfrage aber nicht für erledigt. Ich sehe, dass sich die Entstehung und Weiterentwicklung des Lebens per Evolution in einem Wechselspiel von Zufall und Notwendigkeit vollzieht.

    Die Frage nach dem Sinn des Lebens beantworte ich trivial: Das Leben trägt seinen Sinn in sich. Insgesamt wie individuell. Darüber hinaus kann man individuell versuchen, seinem Leben einen Sinn zu geben. Man muss aber nicht.

    Die Deutung des Lebens als auf einen Schöpfer verweisend halte ich für vertretbar, vertrete sie selber auch, halte sie aber nicht für zwingend.

    • theolounge.blog

      Stimmt, zwingend ist diese Schlussfolgerung auf einen Schöpfer hin nicht, aber ich gehe auch davon aus.
      Ich finde mittlerweile die Idee interessant, dass die Welt womöglich nicht dualistisch ist (Materie – Geist), sondern monistisch (alles ist eine einzige Substanz). Wenn man von einem Monismus ausgeht, hat man nicht das Problem, wie Bewusstsein (Geist) und Materie zusammenhängen und interagieren könnten. Der Phil. Prof. Markus Gabriel denkt in seinem Buch „Ich ist nicht Gehirn“ in diese Richtung. Und manche Astrophysiker (z.B. der verstorbene Karl Friedrich von Weizsäcker) gehen davon aus, dass das Universum etwas Geistiges ist. (Auch die heisenbergsche Unschärferelation, nach welcher ein Teilchen mal als Materie, mal als Welle auftritt, könnte darauf hinweisen, ebenso die Tatsache, dass verschränkte Elektronen zeitgleich reagieren, wenn man Änderungen an ihnen vornimmt – egal, wo im Universum sie sich, weit entfernt von einander, befinden.)
      Lässt man sich auf diesen Gedanken eines Monismus ein, hat die Diskussion über Sinn und Sinnhaftigkeit plötzlich einen viel weiteren Horizont.

  2. G. Wittka

    Nun, es kommt immer darauf an, aus welcher „Brille“ man es betrachtet.

    Die Statistik gibt sowieso keinen Hinweis auf die Sinnhaftigkeit irgendwelcher Geschehnisse.
    Insofern ist es auch nicht das Metier der Statistik, mit ihren Methoden auch nur im entferntesten die Sinnfrage beantworten zu können.
    Das ist der erste und – wie ich finde – empirische große Fehler.
    Von Statistiken lassen sich Sinnfragen nicht beantworten.

    Der religiöse Mensch sieht alles, was ist und um ihn herum geschieht aus der Sicht des Glaubens. Und der Glaube ist eine Dimension die auch die Sinnfrage mit einbezieht.
    Sie ist sicherlich nicht die einzige. Auch Menschen, die vermeintlich nicht gläubig sind, können die Sinnfrage in ihrem Leben beantworten.
    In diesem Zusammenhang spielen Werte und Ideale dann eine große Rolle.

    Die Autorin Andreas Schwarz hat einmal folgenden Satz getan:
    „Zufall – das Wort sagt nur, dass mir etwas zufällt.
    Es sagt nichts darüber aus, WER wirft.“

    Genau dieser Satz ist es, der aus scheinbar statistischen Zufälligkeiten heraus auch die Sinnfrage stellen kann.

  3. Thomas Jakob

    @ G.Wittka

    „Der religiöse Mensch sieht alles, was ist und um ihn herum geschieht aus der Sicht des Glaubens.“

    In diesem Sinne halte ich mich nicht für einen religiösen Menschen. Und diese „Sicht des Glaubens“ halte ich zunächst einmal für einen unbestimmten Begriff. Geht es um jüdischen, christlichen, muslimischen, hinduistischen, buddhistischen, taoistischen, atheistischen oder sonst einen Glauben? Und wenn ja, in welcher Spielart und Ausprägung?

    Glauben steht für mich auf dem Prüfstand des Wissens. Ich konnte nie und will inzwischen auch nicht mehr wider besseres Wissen glauben. Und ich kann die Brille meines christlichen Glaubens durchaus auch ablegen.

  4. Thomas Jakob

    @ theolounge.blog
    Mit Monismus komme ich gedanklich ganz gut zurecht. Welle-Teilchen-Dualismus widerspricht dem nicht, und Geist ist für mich sowieso etwas anderes. Quantenverschränkung und Synchronizität finde ich hochinteressant.
    Aber wieso oder inwiefern bekommt die Diskussion über Sinn und Sinnhaftigkeit einen weiteren Horizont, wenn man sich auf Monismus einlässt?

    • theolounge.blog

      Den Begriff Synchronizität bin ich kürzlich erst begegnet. Ganz interessant.

      In einem Monismus, in dem alles Geist ist, hat auch alles Sinn.

      Wie würde man einen Monismus annehmen, in dem alles nur Materie ist, also Materie in dem Sinne gedacht wie kleine Kieselsteinchen, gäbe es keinen Sinn.

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