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Darf man eigentlich ins Freibad pinkeln? Eine ethische Betrachtung.

Vielleicht waren Sie schon einmal in einem Freibad. Und vielleicht war es voll in diesem Freibad. Es ist praktisch immer voll in einem Freibad. Menschen über Menschen. Über Wasser und unter Wasser.

Vielleicht haben Sie sich auch schon einmal gefragt, wie es denn eigentlich sein kann, dass so viele Menschen so viele Stunden am Stück im Wasser bleiben, ohne eine Toilette aufsuchen zu müssen, wo sie das doch normalerweise in ihrem Alltag schon ab und zu tun.

Sie selbst überwinden sich schließlich, verlassen etwas missmutig das Wasser, gehen über die Wiese,um schließlich in ein in geruchlicher Hinsicht interessantes WC einzutreten, wo sie knöcheltief in einer undefinierten Flüssigkeit waten, von der sie optimistischerweise annehmen, es müsse sich um heruntergetropftes Wasser handeln.

Danach nehmen Sie den gleichen Weg wieder zurück und sind auch schon zehn Minuten später wieder im Wasser. Das Gleiche wiederholen Sie am Tag dann vielleicht noch zwei oder dreimal.

Es stellt sich daher die Frage: Wie ist das also, darf man eigentlich ins Freibad pinkeln, oder muss man eine Toilette aufsuchen?

Wäre das Freibad ein Ozean, würde sich die Frage nicht so dringlich stellen, wäre doch der Grad der Verdünnung wesentlich höher bei all dem Wasser, als in einem Freibad. Allerdings, und das wird ja gerne vergessen, gibt es da noch die unzähligen Meeresbewohner, die normalerweise auch nicht das Festland aufsuchen, um ihre Notdurft zu verrichten. Wenn also die Fische im Wasser das dürfen, warum soll es der Mensch, die Krone der Schöpfung, im Freibad nicht dürfen?

Sigmund Freud würde hier mit seinem Konzept des psychischen Apparats wohl davon sprechen, dass im Freibad bei Ihnen im Kopf, im sogenannten Ich, ein Kampf zwischen dem ES und dem Über-Ich stattfindet. Ihr Es, also Ihr triebgesteuerter Teil, sagt Ihrem Ich: ja, tu es, pinkel doch einfach ins Wasser! Ihr Über-Ich dagegen, geprägt von gesellschaftlichen Normen, würde sagen: nein, tue dies nicht!

Drum wäre dies also ein guter Zeitpunkt, über eine ethische Bewertung der Lage nachzudenken. What would Immanuel do?

Immanuel Kant würde fragen, ob die Maxime Ihres Willens als Grundlage für eine allgemeine Gesetzgebung gelten könnte. Hier wäre allerdings die Frage, ob man sich nun dafür entscheiden sollte, die Toilette aufzusuchen oder im Wasser zu bleiben. Esoterischen Studien zufolge könnte der Harnstoff ja irgendwelche gesundheitsförderlichen Folgen haben, so dass es nahezu schon zwingend erforderlich wäre, dass alle Menschen ihre Notdurft im Freibad verrichteten. Seriöseren Studien zufolge müsste man aber wohl zugestehen, dass Urin eigentlich zu den Fäkalien gehört, durch welche die Gesundheit nicht unbedingt gefördert wird, sodass es angeraten ist, tatsächlich eine Toilette aufzusuchen, um nicht sich oder andere zu gefährden. Und das wäre wohl auch der Ansatzpunkt für Immanuel Kant, dass man so handeln sollte, dass die Gesundheit und das Wohl der anderen Menschen unbedingt respektiert und erhalten bleibt. Immanuel Kant würde ihnen wahrscheinlich empfehlen: gehen Sie auf die Toilette! Und zwar außerhalb des Wassers!

Im Rahmen der Anwendung einer Situationsethik käme man vielleicht zu einer anderen Antwort. Vielleicht sind Sie mit Ihren Kindern gerade im Wasser, die sie aber nicht alleine lassen möchten, weil sonst Schlimmes passieren könnte. Deswegen entscheiden Sie sich aufgrund der Situation und auch aufgrund einer Verantwortungsethik dafür, im Wasser zu bleiben, auch, wenn dies natürlich keiner allgemeinen Gesetzgebung entsprechen könnte. Aber besser so, als dass nachher jemand ertrunken ist. Allerdings müssten Sie sich hier fragen, ob Sie nicht etwas zu sehr Ihrer Bequemlichkeit genüge getan hätten, weil Sie doch eigentlich sonst Ihre Kinder ja auch zu allerlei Dingen bewegen können, beispielsweise dazu, ins Freibad zu gehen, und ob es ein gutes Vorbild wäre, so zu handeln, wie Sie es nun tun.

Wieder anders wäre die Sicht aus einer utilitaristisch geprägten Ethik heraus. Denn dort ist es so, dass dasjenige richtig ist, was den meisten Menschen das größte Glücksgefühl beschert, was also das Glücksgefühl insgesamt vergrößert. Hier gilt, jeder Mensch hat genau eine Stimme, unabhängig davon, ob er nun groß oder klein oder alt oder jung ist. Man müsste also die Leute fragen, was für sie, wenn sie im Wasser sind, angenehmer wäre: auf die Toilette zu gehen oder ihre Notdurft direkt im Wasser zu verrichten? Man darf vermuten, dass tendenziell herauskommen dürfte, das Glück sei größer, wenn alle im Wasser blieben. Denn es müssten ja auch die Kinder gefragt werden, die überhaupt kein Problem mit dem Thema hätten. Hauptsache im Wasser planschen und Spaß haben.

Wenn Sie also das nächste Mal in einem Freibad sind, haben Sie nun ein paar ethische Konzepte im Hinterkopf, anhand derer Sie Ihre Notdurft auf die eine oder andere Weise ethisch korrekt verrichten können.

Wie gut, dass wir drüber gesprochen haben.

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6 Kommentare

  1. Anhora

    Amüsante Gedanken! Ich für meinen Teil löse das Problem damit, dass ich (mangels Vertrauen in die Menschen aus den von dir dargelegten Gründen) keine Freibäder aufsuche. Ich wohne nah am Bodensee, und da ist die Menge an Fremd-Urin dann doch homöopathisch. Was in Freibädern ganz anders aussieht. 😉

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