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Schon mal als Zeuge vor Gericht gewesen?

Vor einigen Monaten wurde neben weiteren Zeugen auch ich Zeuge von einem Tumult, als in einem eigentlich ganz guten Stadtteil Münchens von einer Menge junger Männer ein junger Mann verfolgt wurde und es so aussah, als könnte das Ganze so derart eskalieren, dass im Endeffekt jemand verletzt sein könnte oder vielleicht noch schlimmer.

Ich rief die Polizei und machte eine Aussage zum Tathergang. Wie ich später erfuhr, war ich nicht der einzige Zeuge, glücklicherweise, und auch nicht der einzige, der die Polizei gerufen hatte.

In der Verhandlung dann ging es nicht um einen Angeklagten, sondern gleich um mehrere, die bei der Verhandlung dann auch im Sitzungssaal saßen und im jugendlichen Alter und frühen Erwachsenenalter waren.

Da ich mir damals Aufzeichnungen zum Tathergang gemacht hatte, denn ich ahnte dann schon, das Ganze könnte vor Gericht landen, konnte ich relativ genau die Dinge, die ich beobachtet hatte, noch wiedergeben.

Aber eine Sache erstaunte mich doch.

Die Richterin wollte doch allen Ernstes, dass ich Name und Anschrift öffentlich bekannt gebe. Meinen Namen. Meine Anschrift. Öffentlich.

Ursprünglich wollte ich ihr einfach meinen Personalausweis in die Hand drücken, aber nein, es musste öffentlich geschehen.

Ich habe noch jemand anderen zu diesem Vorgehen befragt, der sich juristisch auskennt, und tatsächlich, es ist wohl gängige Praxis vor Gericht und offenbar auch gesetzlich so vorgeschrieben.

Und das kann einem durchaus Sorgen bereiten.

Ich für meinen Teil war etwas erleichtert, als ich die Angeklagten sah, weil es, glaube ich, im Prinzip wohl doch einigermaßen vernünftige, junge Männer waren, von denen hoffentlich nicht zu befürchten ist, dass sie plötzlich vor der Haustür stehen. Zumal es ja noch weitere Zeugen gab.

Was aber, wenn jemand Zeuge eines Kapitaldelikts wird? Bekommt der dann vorher Besuch von der Mafia und die Ansage, sie wissen ja, wo man wohne? Oder sie wissen ja, wo die Familie wohne?

Die Angabe der Adresse und des Namens halte ich für ziemlich problematisch. In meinem Fall oben wohl nicht so sehr, aber eben in krasseren Fällen durchaus. Denn dann könnte es doch sein, dass man mit einem Schlag zu einem höchst gefährdeten Menschen wird, ab dem Zeitpunkt nämlich, ab dem man bei der Polizei eine Aussage gemacht hat. Und dass man womöglich den Beginn der Verhandlung gar nicht mehr erlebt.

Deshalb ist es eigentlich doppelt schwer, Zivilcourage zu zeigen. Einmal, weil man dann Zeuge sein muss, und einmal, weil man selbst in Gefahr geraten kann.

Trotzdem, was bleibt einem übrig, wenn ein Mensch ernsthaft in Gefahr ist? Ich würde wohl wieder die Polizei rufen.

Aber würde ich vor Ort auch eine Aussage machen und mich somit als Zeuge anbieten?

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