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Hat die EU sie noch alle?

Es schlägt dem Fass den Boden aus, wobei das noch gelinde gesagt ist für das, was Deutschlandradio Kultur da berichtet. Handelt es sich um eine Zeitungsente? Vermutlich nicht.

In der EU soll offenbar, zumindest wird darüber nachgedacht, das Urheberrecht dergestalt geändert werden, dass man öffentliche Gebäude nicht mehr knipsen darf. Zumindest nicht so, dass man sie dann in sozialen Netzwerken teilen darf.

Falls das durchgehen sollte, müsste ich mir doch glatt überlegen, aus der EU auszuwandern. Ich würde mich irgendwie als Opfer einer absoluten, kafkaesken Bürokratie fühlen.

Stellen Sie sich das mal vor, Sie machen im Urlaub Fotos, von ihren Freunden, von der Familie oder sonst wem, und im Hintergrund steht ein Gebäude herum. Und dieses Foto veröffentlichen Sie in Facebook, Google Plus oder auf ihrem Blog. Oder aber ein Gebäude gefällt ihnen gut, sie knipsen es und stehen mit einem Fuß im Knast. Wie darf das denn sein? Sie haben Ihr Foto schließlich selbst aufgenommen, es ist ihre eigene kreative Schöpfung. Sie haben beim Knipsen eine gewisse Anordnung des Motivs arrangiert, das Motiv selbst ausgewählt und so weiter. Nur Sie und sonst niemand anders hat genau diesen Blickwinkel und diese Sicht des Motivs, denn Sie sind einzigartig auf der Welt und dieses Foto, das sie gemacht haben, ist es somit ebenfalls. Guten Gewissens veröffentlichen Sie das Foto, weil sie damit Ihre eigene Meinung ausdrücken wollen. Sie wollen andere Menschen von Ihren Erfahrungen berichten und sie daran teilhaben lassen. Stattdessen bekommen Sie aber Anwaltspost. Bis in die tausende Euros kann das dann kosten.

Wie gesagt, ich halte es für eine Absurdität oder eine Zeitungsente. Möge es sich wirklich darum handeln. Bei Personen der Zeitgeschichte ist es beispielsweise so, dass sie es zulassen müssen, öffentlich abgelichtet zu werden. Dasselbe sollte auch selbstverständlich für Bauwerke aller Art gelten und gilt bislang ja auch, zumindest für den Außenraum.

Wer sein Bauwerk vor den Blicken anderer schützen möchte, darf es einfach nicht in die Öffentlichkeit stellen, nicht in den öffentlichen Raum, sondern hinter dicke und meterhohe Mauern. Alles andere ist ein Fall für Kafka oder den Psychiater. Oder für Juristen, findige Anwälte, die sich nun schon die Finger reiben und lecken aufs dicke Geldverdienen.

Wenn diese Argumentation durchgeht, könnte noch viel mehr durchgehen. Vielleicht müssen Sie demnächst dafür zahlen, wenn Sie im öffentlichen Raum Gebäude mit Ihren Augen erblicken, sie in Ihren Gedanken speichern und Freunden davon berichten. Kafka, wo sind Sie? Mister Orwell, schöne neue Welt, nicht wahr? Das hätten sie sich doch im Traum nicht träumen lassen, oder?

Das Ganze wäre letztlich eine Art Zensur. Wer seine Fotos nicht mehr posten kann, postet nicht mehr. Hat auch keine Lust mehr, einfach irgendwelche Sätze zu schreiben, wo er doch eigentlich etwas anderes ausdrücken, einen visuellen Eindruck kommunizieren wollte. Der sogenannte Bürger wird mundtot. Über den Umweg der Juristen. Zensur durch sogenanntes Recht. Schon Cicero wusste, dass Recht nicht gleich Recht ist.

Damit Sie nun auch den Fachterminus kennen, das Recht, das Ihnen hier von höchster Ebene genommen und den Juristen gegeben werden soll, nennt sich Panoramafreiheit.

Aber nicht nur Deutschlandradio behandelt das Thema, auch der Spiegel oder die Zeit:

Die Panoramafreiheit ist bedroht

Muss in Zukunft jedes Urlaubsbild auf Rechteverletzungen geprüft werden, bevor es auf Facebook landet? Das könnte die anstehende EU-Urheberrechtsreform mit sich bringen. VON TORSTEN KLEINZ

http://www.zeit.de/digital/internet/2015-06/urheberrecht-panoramafreiheit-eu-facebook-bilder

http://www.deutschlandradiokultur.de/frage-des-tages-selfies-ohne-kulisse-panoramafreiheit-auf.2156.de.html?dram%3Aarticle_id=323590

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7 Kommentare

  1. Charly

    Leute, immer langsam mit den Pferden!
    Es stimmt, dieser Entwurf – mehr ist es noch nicht! – verschlechtert in D die Lage. Deshalb hoffe ich auf entsprechenden Gegendruck versch. Interessengruppen.

    ABER: Es geht hier nicht darum das Fotografieren von Gebäuden an sich zu verbieten, sondern um die Verwendung solcher Aufnahmen auf kommerziellen Webseiten und auf anderen kommerziellen Wegen.

    Also: Wer auf facebook überhaupt etwas postet, dem ist eh nicht zu helfen. Wer dieser Datenkrake freiwillig jegliches Urheberrecht an dem schenkt, was er dort postet (siehe AGB), darf sich eh nicht beschweren. Kein Wunder also, dass facebook, völlig zurecht, als kommerzielle Seite betrachtet wird.

    Was einen Privatblog betrifft, so trifft diese Einschränkung nur dann zu, wenn dieser auch kommerzielle Hintergründe oder Absichten hat. Ansonsten darf man auch dort weiter solche Fotos abbilden.

    Und wer sich nun über diesen möglichen Entscheid aufregt, der sei darauf hingewiesen, dass die Panorafreiheit in Europa bei weitem nicht einheitlich geregelt ist und von daher ggf. sich schon immer auf dünnem Eis bewegte – siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Panoramafreiheit

    • theolounge

      In sich logisch wäre es demnach, wenn man bei Fotos dann nicht nur die rechte an abgebildeten Gebäuden erwerben müsste, sondern auch die von Autos und Automarken sowie von Kleidungsstücken, die Leute tragen, welche auf den Fotos abgebildet sind. Ein völliger Nonsens meiner meinung nach. Das nimmt einem das Recht am eigenen Bild. Ich bin der meinung, dass alle Gebäude sowie Gegenstände im Außenraum prinzipiell abgebildet werden dürfen sollen, ganz egal ob kommerziell oder nicht kommerziell. Ansonsten wäre das eine ziemlich starke Einschränkung der Meinungsfreiheit meiner meinung nach.

      • Charly

        Du weißt aber schon, dass es bei Fotos, die nicht unter die Panoramafreiheit fallen, schon immer heikel ist, wenn darauf eine geschützte Marke zu sehen ist? So wie zB die Colaflasche in der Hand oder auf dem Tisch? Es gab schon zig Abmahnverfahren, wenn solche Fotos kommerziell benutzt werden.

        Ansonsten bin ich deiner Meinung. Für mich ist die Panoramafreiheit, die wir bisher in D haben, noch zu eng. So darfst du zwar eine Gruppe von Menschen fotografieren, wenn sie sich irgendwo draußen aufhält, aber nicht einzelne Personen hervorheben. Das kann schnell heikel werden. Stichwort: Streetart. Aber ok, hier stoßen halt berechtigte Interessen aneinander.
        Wenn man also eine Straßenszene aufnimmt und nur ein, zwei Menschen sind darauf erkennbar, kann man sich ggf schon darum streiten, ob das legal ist oder nicht.

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