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Herr K. besucht einen Gottesdienst

predigt jurgengrossVon Günter J. Matthia. Daniel K. fand in seinem Briefkasten eine Einladung zu einem Gottesdienst. Nicht in einer Kirche, sondern in einem »Zentrum«. Herr K. war neugierig, seine Frau eher skeptisch. Also machte er sich eines Sonntags alleine auf den Weg.

09:55 Uhr – Herr K. sitzt auf seinem Platz im Gemeindesaal, da der Gottesdienst um 10:00 Uhr beginnt. Zumindest beginnen sollte, der Einladung nach. Ringsum plaudern Menschen, in den Gängen, im Foyer, durch die Fenster sieht Herr K. Autos in Richtung Parkplatz rollen.

  • 10:00 Uhr – Keine Änderung der Situation. Nichts deutet darauf hin, dass irgend etwas in absehbarer Zeit anfangen würde. Herr K. liest zum vierten Mal den Zettel mit den Veranstaltungshinweisen für die nächste Woche.
  • 10:10 Uhr – Fünf Menschen betreten die Bühne, nehmen hinter Keyboard und Schlagzeug Platz, greifen zur Gitarre oder zum Mikrophon. Nach einer halben Minute stimmen sie ein Lied an. Die Leute im Saal stört das nicht sonderlich bei ihren Gesprächen, Begrüßungen und Plaudereien. Einige, die schon saßen, stehen allerdings auf, Herr K. weiß nicht recht, warum. Vorsichtshalber bleibt er sitzen.
  • 10:15 Uhr – Eine Sängerin auf der Bühne bittet darum, die Plätze einzunehmen, da man nun anfangen wolle. Das Lied wird fortgesetzt. Die Besucher verlassen tatsächlich die Gänge und nun stehen fast alle, den Blick zur Leinwand gerichtet, auf die der Text des Liedes projiziert wird. Herr K. singt leise mit, lässt allerdings einige Zeilen aus. Er versteht nicht, was da steht. Wie kann er etwas singen, was er nicht begreift?
  • 10:26 Uhr – Ein Mann löst die Musiker auf der Bühne ab, um die Anwesenden zu begrüßen und dann das vorzutragen, was auf dem Zettel steht, den Herr K. mehrmals gelesen hat. Auf der Leinwand erscheint der Zettel ausschnittweise im Großformat.
  • 10:36 Uhr – Inzwischen erklärt der Mann auf der Bühne, dass Gott einen fröhlichen Geber lieb habe. Herr K. fragt sich, ob man die Liebe Gottes wirklich so einfach bekommt. Je größer die Summe in der Kollekte, desto mehr wird man geliebt? Nun gut, der Ansager hat das nicht behauptet, es wäre lediglich die logische Schlussfolgerung aus der Ankündigung. Sei’s drum, vielleicht soll man jetzt nicht denken, sondern spenden. Der Mann auf der Bühne zitiert nun aus seiner Bibel, dass jeder geben solle, was er sich im Herzen vorgenommen hat. Herr K. hat sich eigentlich gar nichts vorgenommen.
  • 10:40 Uhr – Die Musiker kommen wieder auf die Bühne. Es sei Zeit für die Anbetung, erfährt Herr K., und dass jeder eingeladen sei, auch nach vorne vor die Bühne zu kommen, um dort zu singen. Näher an den Musikern. Oder näher an Gott? Die Sängerin erklärt, dass vorne die Salbung stärker sei. Herr K. bleibt in seiner Reihe, an seinem Platz. Er weiß nicht, was Salbung ist und will auch eigentlich nicht mit Salbe behandelt werden. Einige stellen sich vor die Bühne und bewegen sich im Rhythmus. Heben die Arme hoch. Vielleicht wird die Salbe, die wohl unsichtbar sein muss, so ergriffen? Herr K. ist ratlos.
  • 10:45 Uhr – Es werden Eimer durch die Reihen gereicht, in die der fröhliche Geber nun seine fröhliche Gabe legen darf. Herr K. reicht den Eimer an den Nachbarn weiter, ohne etwas zur Sammlung beizutragen. Er hat ein wenig ein schlechtes Gewissen. Im Kino oder Theater muss man ja auch bezahlen…
  • 11:00 Uhr – Die Musik, die bisher eher poppig-beschwingt war, wird besinnlicher. Es ändert sich allerdings nichts an der Herrn K. außerordentlich verblüffenden Tatsache, dass ein Lied mit dürftigen acht oder zehn Textzeilen durch Wiederholungen und Wiederholungen der Wiederholungen leicht sechs bis sieben Minuten dauern kann. Ob vielleicht nur wenige Lieder zur Verfügung stehen? Aber dann könnte man doch die Zeit des Musizierens auch kürzer gestalten? Oder eine klassische Melodie zu Gehör bringen?
  • 11:10 Uhr – Während die letzten Klänge verklingen, hat der Pastor den Weg zum Rednerpult gefunden. Alle, die immer noch stehen, setzen sich wieder. Herr K. sitzt schon eine Weile. Bevor der Pastor predigt, dürfen einige Menschen über das Mikrophon sprechen. Sie sagen merkwürdige Sätze. Einer erzählt, dass er während des Gesanges eine Blumenwiese gesehen habe, und dass das bedeuten würde, dass Gott die Menschen liebt. Herr K. wundert sich. Womöglich hätte er doch die Salbe abholen sollen, um das nun zu begreifen?
  • 11:20 Uhr – Der Pastor predigt. Herr K. hört zu. Es scheint um Erfolg zu gehen.
  • 11:30 Uhr – Der Pastor predigt. Herr K. beobachtet, wie ein junges Paar ein paar Reihen weiter vorne tuschelt. Der Mann streicht der Frau sanft über die Wange. Muss wohl eine liebevolle Tuschelei gewesen sein.
  • 11:40 Uhr – Der Pastor predigt. Herr K. fragt sich, warum er dabei quer durch die Bibel von einem halben Vers hier über zwei Verse dort zu einem Viertelvers irgendwo anders springt. Vermutlich will er seine Gedankengänge mit einem biblischen Fundament versehen. Herr K. hat Mühe, den Gedankengängen zu folgen.
  • 11:50 Uhr – Der Pastor predigt. Herr K. überlegt, wen er zur Geburtstagsfeier in vier Wochen einladen möchte.
  • 12:00 Uhr – Der Pastor predigt. Herr K. versucht, wieder den Anschluss an die Predigt zu finden. Ihm ist allerdings nicht so ganz klar, was die vom Pastor beschriebene paradiesische Situation mit seinem Leben zu tun haben könnte. Es ist viel von Sieg und Überwindung die Rede, von Kraft aus der Höhe, die dabei hilft.
  • 12:10 Uhr – Der Pastor sagt Amen. Die Musiker kommen wieder auf die Bühne. Menschen, die Gebet oder Segen wünschen, dürfen während der nun folgenden Musik nach vorne kommen. Die Gemeinde steht wieder. Mancher dürfte froh darüber sein, nach so langem Sitzen. Herr K. fragt sich, ob es im Foyer Kaffee geben wird.
  • 12:15 Uhr – Es wird immer noch gesungen. Einzelne, die wohl mit außerordentlichem Mut versehen sind, entfernen sich aus dem Saal. Herr K. zögert. Er will ja nicht unangenehm auffallen.
  • 12:20 Uhr – Die letzten Töne sind verklungen, die Menschen strömen aus dem Saal.
  • 12:30 Uhr – Herr K. hat einen Kaffee ergattert, für 70 Cent. Der Preis ist in Ordnung, findet er. Eine ältere Dame spricht Herrn K. an, ob er zum ersten Mal hier sei. Herr K. nickt. Ob er denn Lust habe, am Mittwoch zum Hauskreis zu kommen, fragt die Dame. Herr K. weiß nicht, was ein Hauskreis ist, aber er schreibt sich Adresse und Uhrzeit auf.
  • 13:00 Uhr – Frau K. fragt ihren Mann, ob ihm der Besuch in der Gemeinde gefallen und was denn der Pastor gepredigt habe. Herr K. runzelt die Stirn. »Nun ja«, murmelt er, »vielleicht war das eine Veranstaltung für Eingeweihte…«

Ob Herr K. einen Hauskreis besuchen wird, bleibt abzuwarten. Immerhin ist er ja von Natur aus neugierig…

Autor: > Günter J. Matthia (GNU Lizenz)

foto: jurgengross,flickr.com

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2 Kommentare

  1. petersemenczuk

    Herr K.
    Lob und Dank sage ich dem einzig wahren Schöpfer- Gott und Schöpfer- Geist, der mich mit 27 Jahren,
    das war vor 47 Jahren, aus den von Gott abgefallenen Religion der Katholiken, der Evangelischen, der Lutheraner, der Baptisten, der Ecclesia und Pfingstler und den anderen weit über 600 verschiedenen Gemenschaften und Sekten herausgeordert hat.

    Christus ist die einzige Tür in das Reich Gottes und keine von Menschen gestiftete und organisierte chr. Institution, die gleich wie Judas der Verräter, um des lieben Mammon, Spenden und Kollekten predigt und einsammelt. Matthäus 10, 8
    „Wer woanders einsteigt sagt Christus, der ist ein Dieb und ein Mörder (Johannes 10,1-9)
    Oder,
    Er ist den Dieben und Mörder in die Hände gefallen.

    „Denn wenn ein geistig Blinder, einen anderen geistig Blinden leitet, so fallen sie beide in die Grube sagt Christus.
    UND wer von Christus, nicht berufen, nicht zubereitet,
    nicht seine Wiedergeburt und Erwählung erfahren hat,
    nicht legitimiert wurde durch das notwendige dreifache Zeugnis Gottes und Zeugnis Jesu Christi, welches ist der Geist der Weissagung, der ist ein Dieb und ein Mörder, denn er eignet sich etwas an, das ihm nicht gehört und missbraucht den Namen Gottes und Jesu Christi, wie die niedergeschriebenen
    Zeugnisse der Schrift, um seine eigene Ziele und Vorteile auf Erden zu verfolgen.
    „Hütet euch vo nden „Frommen und Christen“
    die ihren Gott in den Himmel verfrachtet haben,
    auf dass sie auf Erden, das Sagen haben was romm und Gottgerecht ist“! Peter Semenczuk
    Autor und Herausgeber christlich- theologischer Publikaionen im Internet und Selbstverlag: UMSONST,
    wie Christus seinen Jüngern geboten hat, denn Judas war ein Dieb und trug den Beutel
    ( mit Spenden, Kollekten und guten Werken), heißt es.

  2. petersemenczuk

    Herr K, ein Nachtrag:
    Ein jeder sogenannte Gottesdienst
    ohne Gott und seinem Christus wie dem Heiligen Geist und ohne Gottes Wille und seiner Anwesenheit, ist immer ein Götzendienst und führt zur Abgötterei und religiöser Zauberei der Moderne.
    Nur wo Gott anwesend ist, ist ERlösung, Reinigung und Heiligung möglich dem menschlichen Geist,Seele und Leib, wo das nicht ist, ist der ewige Tod im Topf/Versammlung.
    Der Juden wie der Christen-Gott, ist ein lebendiger Gott und ein gegenwärtiger Gott bei denen, die IHN ernstlich suchen.

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