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Die Auferstehung Jesu: Realität oder Humbug ?

Diese Zusammenfassung basiert auf dem Buch von Prof. Gerd Theissen, Der historische Jesus (Prof. für neutestamentliche Theologie, Heidelberg). Die Auferstehung widerspricht unserem modernen Weltbild und kann von daher kein historisches Ereignis sein, da es per definitionem ohne Analogie in der Geschichte ist, es hat nämlich offenbar keine innergeschichtliche Ursache. Nach gläubigem Selbstverständnis darf jedoch dieses Ereignis nicht am Maßstab des Wahrscheinlichkeitsurteils gemessen werden, weil damit die mögliche Nichthistorizität eingeschlossen wäre.

Bei der Übersetzung des Osterglaubens in unsere Zeit gibt es daher zwei verschiedene Möglichkeiten: entweder man interpretiert den Osterglauben so, dass er in unsere moderne Überzeugungswelt integriert werden kann, oder man modifiziert moderne Prämissen vom Osterglauben her.

Interpretationen des Ostergeschehens innerhalb moderner Prämissen angesichts des leeren Grabes: Jüngerdiebstahl, Scheintod Jesu, Umbestattung – nebst modernen Varianten; auch die subjektive Visionstheorie in der liberalen Theologie gehört in diese Interpretationssparte.

Interpretationen des Ostergeschehens, die moderne Prämissen verändern und mit dem Osterglauben in Übereinstimmung bringen: die sog. objektive Visionstheorie, die davon ausgeht, dass die Ostererscheinungen auf Gott zurückgehen und einen objektiven Sachverhalt offenbaren; zudem die objektive Erscheinungstheorie, die reale Erscheinungen aus einer anderen Welt impliziert. Auch kann man Ansätze von R. Bultmann, K. Barth und W. Pannenberg hier einordnen.

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Zunächst W. Marxsens Osterdeutung: Ostern als Weitereignung des Jesuskerygmas:
Für Marxsen ist die Auferstehung Jesu kein historisches Ereignis, sondern ein zeitgebundenes Interpretament. Historisch lasse sich nur feststellen, dass Menschen nach dem Tode Jesu etwas berichten, das sie als Sehen Jesu bezeichneten. Die Reflexion dieses Ereignisses habe zu der Interpretation geführt: Jesus ist auferstanden.
Das Jesuskerygma (Die Verkündigung über Jesus) in der Urgemeinde sei von diesem Ereigniss ausgegangen. Die Osterzeugen erlebten, dass die Nähe Gottes, die sie durch die Begegnung mit Jesus erlebt hatten, ihnen erneut geschenkt wurde: Joh 20,21: Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.


Literarisch habe sich diese Weiterverkündigung der Botschaft Jesus in der synoptischen Tradition (also bei den Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas) niedergeschlagen.
Der Osterglaube sei daher zu allen Zeiten eine Orientierung am irdischen Jesus, seinem eschatologischen (also auf die Endzeit bedachten) Anspruch und seiner Verkündigung, die für die Gegenwart ausgerichtet werden.
Das personale Christuskerygma (also die Verkündigung von Jesu Geburt, Kreuz, Auferweckung Jesu Christi als Heilsereignisse) müssten ebenfalls im Dienste des Irdischen ausgelegt werden. Für Marxsen hat dies kein sachliches Eigengewicht.
Die Osterverkündigung in der Gemeinde bedeute die Weiterverkündigung der Botschaft des irdischen Jesus. Dadurch sei das Eschaton (die letzten Ereignisse des Menschen) bereits vorweggenommen, dadurch erweise er sich auch heute noch als der Lebendige.

Marxsen bleibt damit im Rahmen moderner Prämissen. Mit der Aussage, dass sich auf diese Weise das Eschaton ereigne, verlässt er allerdings diese moderne Sichtweise und kommt der existentialen Deutung R. Bultmanns nahe, nur mit dem Unterschied, dass er den Einbruch des Eschatons nicht zu Ostern ansetzt, sondern mit dem irdischen Jesus verbindet.

Die folgenden Ansätze von Rudolf Bultmann, Karl Barth und W. Pannenberg sind sich demgegenüber darin einig, dass erst der Osterglaube dem Gläubigen ein neues Selbst- und Weltverständnis erschließt, durch das teils moderne Prämissen modifiziert werden. Ostern mache demnach offenbar:

  • Das Wesen des Menschen in seiner Situation vor Gott (die existentiale Deutung)
  • das Wesen der Offenbarung, die ein der menschlichen Einsicht entzogenes Wunder ist (offenbarungstheoretische Deutung)
  • das Wesen der Geschichte, die sich von ihrem Ende her enthüllt, welches die Auferstehung Jesu vorwegnimmt (universalgeschichtliche Deutung).

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Existentiale Deutung nach Rudolf Bultmann:

Die Rede von der Auferstehung Jesu nach dem berühmten Vortrag Bultmanns „Neues Testament und Mythologie“ bezieht sich nicht auf ein historisches Ereignis, sondern bedient sich einer mythischen Vorstellung, die samt dem zugehörigen Weltbild für den modernen Menschen „erledigt“ sei. Daher müsse man die Auferstehung verkündigen in der Art, dass sie heute nicht als historisches oder mythisches Ereignis erscheint, sondern als eine Wirklichkeit, die unsere eigene Existenz übertrifft. Dadurch werde auch dem modernen Menschen ein neues Selbstverständnis angeboten, das dem natürlichen Menschen jedoch verschossen bleibe.

Osterglaube sei demnach der Ausdruck der Bedeutsamkeit des Kreuzes, also der Glaube an das Kreuz als Heilsereignis, in dem die Welt gerichtet und die Möglichkeit eines echten Lebens geschaffen worden sei.

Osterglaube sei zudem Glaube an das Wort der Verkündigung: der gekreuzigte und auferstandene Christus begegne nirgends anders, als im Wort der Verkündigung, also im Kerygma. Das Ereignis Jesus Christus werde in der Anrede Gottes präsent als das „je mich in meiner Existent treffende Ereignis“.

Osterglaube sei Glaubensentscheidung angesichts des Kreuzes: die Erkenntnis und Bejahung des gescheiterten eigenmächtigen Lebensvollzuges und das Ergreifen des neuen Selbstverständnisses, somit das Ja zum Leben als Geschenk Gottes.

Bei Bultmann hat der Osterglaube in Übereinstimung mit dem NT eine zentrale Postition: er ist die Antwort auf eine Anrede Gottes und immanent nicht erklärbar. Er beinhaltet eine Wahrheit über den einzelnen Menschen: das Angebot des wahren Lebens ist schon in diesem Leben vorhanden ! Osterglaube offenbart die conditio humana (menschliche Bedingung) vor Gott: wahres Leben ist radikales Geschenk – eine creatio ex nihilo !

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Offenbarungstheologische Deutung nach Karl Barth:

Barth bestreitet der historischen Wissenschaft die Zuständigkeit für das zwar nicht historische, dennoch aber wirklich geschehene Ereignis der Auferstehung.

  • Die Auferstehung sei alleinige Tat Gottes: alle sonstigen Ereignisse um Jesus haben historischen Charakter, weil sie im Zusammenhang menschlicher Aktionen stehen und in diesem Rahmen mißverstanden werden können (also verkannt werden kann, dass Gott hier am Werk ist). Die Auferstehung sei aber nur und ausschließlich Gottes Tat ohne jede menschliche Komponente. Einzige Anologie sei die Schöpfung als souveräne Gottstat, weshalb die Auferstehung prinzipiell kein „historisches Faktum“ sei, das der Wahrscheinlichkeitsanalyse zugänglich wäre.
  • Die Auferstehung als wirkliche und neue Tat Gottes: sie ist dennoch als ein innerweltlich wirkliches Ereignis zu verstehen, und zwar als eine neue Tat Gottes, die dem Kreuzesgeschehen gegenüberstehe.
  • Auferstehungsglaube als Offenbarung: die exkusiv göttliche Tat der Auferstehung kann vom Menschen nicht verstanden und mitgeteilt werden, sondern wird dem Menschen allein durch göttliche Offenbarung zuteil, welche im Glauben angenommen werde.
  • Die Auferstehung als Paradigma für Offenbarung überhaupt: die Auferstehung Jesu sei die eigentliche Offenbarungstat, die sich nur durch die Initiative Gottes erschließe. Daher dürfe sie gar nicht historisch verifizierbar sein, da der Glaube souveräne Tat Gottes bleibe. Osterglaube zeige das Wesen der Offenbarung, das ein exklusiv von Gott gewirktes Geschehen sei, das nur durch Gott selbst begriffen werden könne.

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Universalgeschichtliche Deutung W. Pannenbergs:

Pannenbergs Anliegen ist es, die Wahrheit der neutestamentlichen Botschaft von der Auferstehung Jesu als historisches Ereignis wahrscheinlich zu machen. Dazu formuliert er drei Postulate, durch die das moderne Weltbild so modifiziert werden, dass es kompatibel wird mit dem Glauben:

  • Universalgeschichtliches Postulat:
    Die Geschichte als zielgerichteter Prozeß sei nur als Ganzheit verständlich. Das Ganze jedoch sei erst vom Ende her überschaubar. Daher sei der Schlüssel zur Universalgeschichte ein Ereignis, das das Ende verwegnehme (eine sog. Prolepse). Wenn modernes Geschichtsverständnis sich seiner impliziten Voraussetzungen bewußt werde, sei es offen für proleptische Endereignisse, deren letze Bewahrheitung allerdings noch ausstehe.
  • Das Anthropologische Postulat: Erscheinungen eines Gestorbenen werden erst in einem apokalyptischen Erwartungshorizont zur Prolepse der allgemeinen Auferstehung. Dabei sei dieser Erwartungshorizont anthropologisch verifizierbar: personales Leben erfülle sich nicht in diesem Leben, sondern sei auf eine unbegrenzte Fortdauer angelegt. Auferstehung sei daher auch ein anthropologisches Sinnpostulat.
  • Naturwissenschaftliches Postulat: Parapsychologische Phänomene zeigten die Unabgeschlossenheit unseres Weltbildes. So könne in Visionen u.ä. ein objektiver Faktor stecken. Ein definitives Urteil über die naturgesetzliche Unmöglichkeit der Auferstehung eines Toten zu unvergänglichem Leben könnten die Naturwissenschaften nicht abgeben.

Diese drei Postulate werden mit einer historischen Quellenanalyse verknüpft, bei der das Ostergeschehen historisch bezeugt wird durch Visionen, deren transsubjektiver Gehalt als wahrscheinlich darzustellen versucht wird. Das leere Grab hat davon unabhängig einen bestätigenden Charakter.

Osterglaube verifiziere somit einen allgemeinen apokalyptischen (universalgeschichtlichen) Erwartungshorizont, in dem zutage trete, was es mit der Universalgeschichte auf sich habe.

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Zusammenfassende Überlegung:

Die Grundfrage lautet: soll das Ostergeschehen von Analogien unserer Erfahrungswelt her gedeutet werden, oder soll es als analogieloser Einbruch von etwas ganz anderem unsere Erfahrungwelt erweitern ?

Diese Alternative würde sich nicht so scharf stellen, wenn es einen Grund gäbe, gerade gegenüber dem Osterglauben die Welt unserer Erfahrungsanalogien zu verlassen. Solch einen Grund gibt es:

Ostern ist eine Auseinandersetzung mit dem Tod. In der Auferstehung Jesu offenbart sich eine rätselhafte und todüberwindende Macht. Vom Tod jedoch haben wir keine Erfahrung, lediglich vom Leben bis nah an den Tod heran.

Das Verstehen von Analogien der Erfahrungswelt her ist a priori aber auf Erscheinungen dieser Erfahrungswelt beschränkt. Dort aber, wo wir sie (wie im Tod) verlassen und in Bereiche jenseits unserer Erfahrungswelt dringen, stranden wir zwangsläufig mit unseren Erfahrungen. So wenig, wie wir nun den Tod mit Analogiens unserer Erfahrungswelt durchdringen können, so wenig begreifen wir die todüberwindende Macht des Ostergeschehens aufgrund solcher Analogien.

Entweder nämlich bricht diese Macht analogielos in unser Leben ein, oder sie ist nicht das, was sie zu sein vorgibt. Sofern sie ins Leben hineinragt, ist es sinnvoll, nach analogen Visionen und außernormalen Informationen über den Tod hinaus zu suchen.

Sofern sie aber von jenseits der Todesgrenze in unsere Welt hineinragt, scheitern wir mit Analogien zwangsläufig.

Lesen Sie auch: > Gott im Quantenchaos (SPIEGEL)
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7 Kommentare

  1. 1leben

    Entweder nämlich bricht diese Macht analogielos in unser Leben ein, oder sie ist nicht das, was sie zu sein vorgibt. Sofern sie ins Leben hineinragt, ist es sinnvoll, nach analogen Visionen und außernormalen Informationen über den Tod hinaus zu suchen.

    Sofern sie aber von jenseits der Todesgrenze in unsere Welt hineinragt, scheitern wir mit Analogien zwangsläufig.

    Ich halte es für anmassend, sogenannte Erkenntnisse so einzubringen, als wäre es für alle gleichbindend..
    Warum seid ihr nicht ehrlich und sagt, dass ihr es nicht besser wisst? Dass es sich immer besser anhört, wenn es wisseschaftlich verbrämt einherkommt weil die Menschen in dieser Zeit sich lieber etwas vordenken lassen als ihren eigenen Gefühlen und Erfahrungen zu trauen.
    Macht nicht alle die, die anderes sehen, wissen, fühlen.. zu Ketzern, nur, weil ihr nicht versteht.

  2. theolounge

    Okay, wir wissen es nicht besser. Aufgrund der jahrhundertelangen Überlieferung von Gotteserfahrungen in der Bibel glauben wir aber, dass man solche Aussagen machen kann.

    Zu Ketzern soll hier niemand gemacht werden.

  3. Gerhard

    Auf-verstehung als geschichtliche Realität

    Auferstehung ist ein realer historischer Vorgang. Nur dass es hierbei nicht um die Wiedererweckung eines offenbarenden Wandergurus ging im Geist seiner Anhänger…. oder gar leiblich,

    sondern das ewige Wort, die schöpferische Vernunft, die Papst Benedikt in seinem Jesusbuch als biblischen Heilspbringer und historische Person (Rolle, Aufgabe) hinstellt, wurde wieder-verstandenen. Unter „www.theologie-der-vernunft.de: Auf-verstehung“ habe ich das versucht zu begründen.

  4. Rheinlaender

    Gehen wir nuechtern durch die Fakten:

    Wenige Minuten nach dem Tod zerfallen Proteine, Zellen koennen nicht wiederbelebt werden, eine Einwegstrasse. Das noch mehr der Fall, wenn die Leiche drei Tage gelegen haben sollte. Die Wiederbelebung einer Leiche nach drei Tagen wuerden allen Erfahrungen und der gesammten medizinischen Wissenschaft eklatant wiedersprechen.

    Was haben wir an Quellen, vier sich teilweise wiedersprechende „Fanberichte“, die wiederum aus unbekannten Quellen schoepften, und die sich teilweise eher unglaubwuerdig sind – ein Legionaer, der auf der Wache schlaeft spielte mit seinem Leben. Die Diziplin Roms war drakonisch.

    Was ist nun wahrscheinlicher, dass diese vier Berichte schlicht flasch sind, dass Jesus vielleicht auch nicht richtig tod war (der Tod am Kreuz war ein ziemlich langsame Angelegenheit – und sollte es auch sein), oder dass alles was wir ueber die Funktion des menschlichen Koerpers wissen falsch ist.

    Wie wuerde wohl ein Richter bei dieser Beweislage urteilen?

    Alte Regel: Ungewoehnliche Behauptungen beduerfen ungewoehnlicher guter Beweise. Ich sehe diese nicht.

  5. theolounge

    @Rheinländer

    Wie würde der Richter urteilen, wenn man ihm folgendes sagen würde:

    Herr Richter, wir vermuten, dass ein Universum rein aus Zufall entstanden ist, unzählige Galaxien, alle aus dem Nichts. Mit einem großen Knall.
    Wir vermuten ferner, dass sich diese Materie ganz zufällig so anordnete, dass sie die Grundlage für komplexes Leben bildete.
    Wir vermuten zudem, dass diese komplexe Entwicklung so weiterging – und zwar ohne Absicht, völlig zufällig – , dass Tiere und Menschen entstanden. Menschen, von denen jeder aus 50-80 BILLIONEN Körperzellen besteht. Was für ein Zufall. Wir vermuten, dass hinter der Evolution kein Wille steht, sondern blanker Zufall. Wir erleben es ja auch täglich, dass beispielsweise Computer sich selbst programmieren, selbst ihre Fehler ausbessern, sich selbst vervollkommnen.
    Herr Richter: wir vermuten, dass alles völlig zufällig – und noch dazu: aus dem Nichts – entstand.

    Der Richter würde antworten: Sie sind ja nicht bei Trost. Alles soll aus Nichts entstanden sein ? Was für eine unsinnige Theorie.

  6. Holzwurm

    Angenommen es gäbe wirklich einen Gott. Könnte es sein, dass dieser Gott, wenn er denn wirklich Gott ist, diese Welt erschaffen hat?
    Angenommen es gäbe einen Gott, der allmächtig ist, wäre es möglich, dass dieser Gott in seiner Macht den Zerfallprozess im Körper eines Toten umkehren kann?
    Wenn es einen solchen Gott geben sollte, wäre es möglich, dass er einen menschlichen Körper, der schon seit drei Tagen tot ist wieder zusammensetzt und zum Leben erweckt?
    Die Frage ist, gibt es einen Gott? Und wie klein, groß, mächtig oder ohnmächtig ist dieser Gott?
    Hieran entscheidet sich der christliche Glaube: „Wenn wir nur in diesem Leben auf Christus hoffen, so sind wir die elendesten unter allen Menschen!“ (Die Bibel 1. Korinther 15,19)

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