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Warum, Gott?

finger.jpgSchlimme Nachrichten 

Die Email mit der traurigen Nachricht erreicht mich kurz vor Feierabend:  

„Was wir so fest in Händen halten,
das ist uns alles nur von Gott geliehen.
Wir dürfen es verwalten,
wir dürfen es gestalten,
und geben es zurück an ihn.“
(Manfred Siebald) 
Nach 22 Wochen Schwangerschaft hat Gott gestern unser Baby in seine liebenden Arme aufgenommen. Wir sind alle sehr traurig.“

Die Eltern sind traurig. – Ich bin es ebenfalls. Aber ich bin auch durcheinander. Warum geschieht so etwas? Gerade mal fünf Monate alt und keine Chance, hier den Sonnenschein auf der Haut zu spüren. Nach all den Erwartungen der Eltern erfolgt nun der plötzliche Absturz. Macht das alles Sinn?

  • Ich muss auch an einen Freund denken, erst Mitte dreissig, der schon jahrelang an Krebs erkrankt ist. Seine Rundbriefe und Schilderungen packen mich jedes Mal im Innersten, weil er oft von unsagbaren Schmerzen, Kämpfen und Niederlagen berichtet. Ein Leben zwischen qualvollem Schmerz und kurzzeitiger Linderung – ist das überhaupt noch Lebensqualität?
  • Bei einem anderen, älteren Freund wurde mit der Behandlung aufgehört und – so hart das klingen mag – man bereitet die Familie aufs Sterben vor. Dabei war er so aktiv, schaffensfreudig und hatte noch jede Menge kreative Ideen, die er literarisch umsetzen wollte. Da machen ihm verschiedene Tumore ein Strich durch die Lebensplanung. Das Ende wird sichtbar…
  • Eine Verwandte bekommt als ältere Frau Brustkrebs. Operation. Chemotherapie. Immer wieder Untersuchungen. Die Gartenarbeit bleibt liegen, vieles beschränkt sich auf die Wohnung und die Wege mit dem Taxi zum Arzt. War’s das?
  • Die beiden leiblichen Schwestern leben schon lange Jahre im selben Haus, in derselben Wohnung. Sie pflegen den alten Vater über Jahre bis zu seinem Tod. Aber auch danach hören die Probleme nicht auf. Immer wieder zur Dialyse, von den anderen körperlichen Nöten ganz zu schweigen. Dann erkrankt auch die andere Frau an Krebs…

Kein Ende in Sicht? Wozu das Ganze? Der Schmerz hört nicht auf. Und das ist nur ein Teil von Mitmenschen, die schwere Wege gehen. Die obige Aufzählung könnte ich ohne weiteres fortsetzen.  

Geht es nur auf die harte Tour? 

Leiden scheint zum menschlichen Alltag zu gehören. Die Fragen zum Schmerz allerdings auch. „Warum nimmt mein Leiden kein Ende? Warum will meine Wunde nicht heilen?“ – So klagt schon Jeremia (15,18), und nicht nur er hat(te) Mühe, die täglichen Anforderungen an die Leidenbereitschaft zu üben. Kann Gott nicht durch andere Methoden zu seinen beabsichtigten Zielen mit Menschen kommen? Sicher kann er das. Und macht es auch oft. Vielleicht öfter, als uns bewusst wird. „Oder verachtest du den Reichtum seiner Gütigkeit und Geduld und Langmut und weisst nicht, dass die Güte Gottes dich zur Busse leitet?“ (Römer 2, 4)  Aber oft muss Gott wohl andere Wege, als wir sie uns vorstellen und wie sie uns angenehm sind, gehen, um zu seinem höheren Ziel zu gelangen. Veränderungen – sei es im persönlichen oder gesellschaftlichen Bereich – vollziehen sich oft in einem Konfliktfeld, in der schmerzhaften Auseinandersetzung von gegensätzlich wirkenden Kräften. Dann wird neue Energie frei, bewusste Aktivität, um Bestehendes zu verändern bzw. zu verbessern.  

Entwicklungen 

Für unsere geistliche Entwicklung braucht es wohl öfter diese schmerzhaften dunklen Täler. Ohne Leid, ohne Mühsal würden wir an unserem Platz stehen bleiben. Es würde bei mir und denen, die mit meinem Leid konfrontiert werden weniger Veränderungen geben. Lewis Smedes sagt:
„Wir müssen etwas von dem im Leben erleiden, was falsch ist, um zu erleben, wie zutiefst richtig es ist. Wir müssen Schmerz empfinden, den wir nicht spüren wollen, Lasten tragen, die wir nicht tragen wollen, Elend aushalten, das wir uns nicht gefallen lassen möchten, Tränen weinen, die wir nicht vergiessen möchten. Wenn wir jetzt keinen Schmerz erleben, dann werden wir die elendsten aller Menschen sein“  

Pflanzen tut dauernder Sonnenschein nicht gut. Für eine gesunde Entwicklung muss es auch mal Sturm und Regen, Hagel und Windböen geben. Das macht widerstandsfähiger, robuster. Ähnliches vollzieht sich in der Entwicklung des Menschen. 

Und noch ein Weiteres: 

Verständnis für die anderen 

„Wer nie gelitten hat, der weiss auch nicht, wie man tröstet.“ sagt Dag Hammarskjöld. Erst das eigene Erleben und Durchleiden macht uns fähig, geduldiger mit den Problemen unserer Mitmenschen und Mitchristen umzugehen. Ich habe schon etliche Bekannte erlebt, deren Mitgefühl sich in engen Grenzen hielt, wenn es um die Probleme anderer ging. Erst als sie selber durch manche Prüfungen gingen, schmolz die harte Kruste und plötzlich erkannte man sich im Schweren des Anderen wieder. Und war fähig, wirklich Mit-Leid zu zeigen. 

Deswegen ist es für Christen so unendlich tröstlich, sich des Verständnisses und Mitgefühls des Herrn Jesus sicher zu sein, der als Mensch unter Menschen alle Variationen von Problemen und Schmerzen durchlebt hat. Wenn jemand mitfühlen kann – dann ER!. 

Hebr. 4,15: „Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht Mitleid haben könnte mit unseren Schwachheiten, sondern der in allem in gleicher Weise wie wir versucht worden ist.“ 

Und noch ein Zitat von H. Norman Wright:„Schmerz hat seinen Zweck. Schmerz macht uns die Realität des Lebens klar. Für die meisten Menschen ist Schmerz nicht die Ausnahme in ihrem Leben, sondern ein ständiger Begleiter. Jesus Christus hat Schmerz und Leiden durchlebt. Er weiss, worum es geht, und er hat versprochen, dass er sowohl im Schmerz als auch in der Freude bei uns sein will.“  

Eine andere Logik 

Wenn jemand leidet oder wir selbst betroffen sind, dann scheint mir oft unser Blickfeld stark begrenzt zu sein. Wir haben zentral mit unserem Problem zu tun. Das ist normal und gut verständlich. Aber Gottes Sicht der Dinge geht weit über das für uns Nachvollziehbare hinaus. 

Wenn Gott Lebensumstände schickt oder zulässt, dann gibt es mehrere Ebenen, auf denen Wirkungen erzielt werden:

  • Das bin ich selber
  • Dazu gehört meine Familie, Ehepartner, Kinder, Verwandte
  • Es gibt Kollegen, Nachbarn, Mitchristen, Ärzte, Mitpatienten usw. 

Sie alle werden in den momentanen Entwicklungsprozess einbezogen, stellen Fragen, grübeln über scheinbare Ungerechtigkeit des Seins nach, werden aggressiv, weil sie ihre Hilflosigkeit verspüren – und finden vielleicht zu der anderen Ebene, wo aus all dem Leid auch noch Gutes hervorkommt. 

Paulus drückt es so aus:„Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.“ (Römer 8, 18).

Doch nicht sinnlos?

  • Vielleicht kann eine Mutter, die ihr Kind so früh verlor, eine verständnisvolle Hilfe für eine andere Mutter in gleicher Situation werden?
  • Vielleicht können das jahrelange schmerzhafte Durchleben von Krebs und seinen Folgen und das Aufschreiben der erlebten Hilfen Gottes anderen zeigen, dass ER deutlich und total real erlebbar ist?
  • Vielleicht dient die Not dazu, Familienangehörige neu wachzurütteln oder auch vorbereitend sich der ewigen Heimat zuzuwenden?
  • Vielleicht tauchen erstmals echte Fragen nach dem Allmächtigen auf und Interesse für christliche Botschaft wird geweckt?
  • Vielleicht wecken die Schmerzen neu die Sehnsucht nach Gottes Atmosphäre und den Austausch von gläubigen Mitmenschen?
  • Vielleicht…?  

Hoffnung 

Von Jesus Christus wird einmal gesagt, dass er „um der vor ihm liegenden Freude, das Kreuz erduldete“. Und so können Menschen trotz Not und Schmerz nach vorn schauen. Es gibt Hoffnung. Es gibt eine höhere Ebene des Leids.

  • Ohne Kreuz keine Krone.
  • Ohne Schmerz keine wirkliche Freude.
  • Ohne Finsternis kein Dank für Licht.
  • Ohne Grab keine Auferstehung.
  • Ohne Lebenskrisen keine Reife. 

Ich freue mich auf die Zeit, wo wir uns von Gott in Ruhe erklären lassen können, warum er ganz bestimmte schwierige Umstände zuliess und was er sich dabei dachte – und wir werden staunen! Da bin ich mir ganz sicher!

Lesen Sie auch:
> Tote verabschieden sich von uns

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5 Kommentare

  1. sfrang

    Tja, mein Lieber, wenn fixe Ideen der Wirklichkeit widersprechen, dann um so schlimmer für die Wirklichkeit.
    Nächstes Jahr erkranken nochmals 3-4-5% der Bevölkerung an so einer tödlichen Krankheit und manche versuchen es als persönliche Auseinandersetzung mit irgendeinem Gott zu verstehen, anstatt die Natur als Ursprung unserer Existenz zu sehen und sich als Teil des Universums zu verstehen.

    Übrigens, ich leide ebenfalls an Krebs, überlasse aber meine Heilung nicht dem Wohlwollen eines „Gottessohnes“ oder so aus dem Nahen Osten, sondern den wissenschaftlichen Behandlungen der Ärzte. Was glauben Sie, warum früher die Menschen im Durchschnitt mit 35 bis 40 Jahren starben und jetzt sie das 80. Lebensjahr erreichen?

  2. andy55

    @sfrang – wenn man nicht an gott glaubt, muss man mit den restlichen möglichkeiten auskommen. das verstehe ich.
    aber ich kenne viele menschen in meinem umfeld, die trotz schwerem erleben immer wieder die hilfe gottes erfahren. für sie (wie übrigens auch für mich) ist das keine fixe idee, sondern realität.
    dass christen auch zum arzt gehen, ist ja klar. schliesslich gibt es wirklich tolle medizinische hilfen. aber gott steht übrigens über allem (n).
    p.s. was verstehen sie unter früher? abraham, methusalem u.a. sind deutlich älter als 40 jahre geworden.
    p.p.s. nur jesus nicht, der starb mit 33. aber nicht an einer krankheit, sondern am hass seiner gegner…

  3. ion62

    sfrang
    „die Natur als Ursprung unserer Existenz….“
    Wer oder was ist denn die „Natur“ genau? Wenn Sie ein wenig tiefer in die Natur hineinschauen, auch nur ein paar der komplexen Abläufe und Zusammenhänge erkennen, entdecken wie fein und detailliert z.B. mathematische, chemische, oder biologische „Naturgesetze“ aufeinander abgestimmt wirken, dann begegnen Sie vielleicht auch dem Gedanken – kein Gesetz ohne Gesetzgeber! – ich wünsche es Ihnen. Darüberhinaus wünsche ich Ihnen eine erfolgreiche Therapie für Ihre Erkrankung.

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