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Die Abschaffung des Menschen nach R. Dawkins

kroskikopf.jpgHaben wir’s geschafft? Haben wir uns die Erde nachhaltig untertan gemacht?

Genau genommen behindert uns die Religion in unserer Freiheit. Übersinnliches ist Aberglaube.

Und Gott, egal welcher Religion, macht unser Leben unfrei und einfach mies.

Dieses Bild des Menschen zeichnen führende Evolutionsbiologen. Nicht ohne Grund zählen Bücher wie „Der Gotteswahn“ von Richard Dawkins zu internationalen Bestsellern. Was kann man überhaupt einwenden? Welche Fragen müssen sich gläubige Menschen stellen?

Werfen wir gleich einen Blick auf den Kernpunkt der grossen Religionen. Richard Dawkins erinnert uns an die Gotteshypothese, die Grundvoraussetzung monotheistischer Religionen:

„Es gibt eine übermenschliche, übernatürliche Intelligenz, die das Universum und alles, was darin ist, einschliesslich unserer selbst, absichtlich gestaltet und erschaffen hat (S.46). Weiters: Der abrahamitische Gott hat das Universum nicht nur erschaffen, sondern er ist ein persönlicher Gott, der darin oder ausserhalb davon (was immer das bedeuten mag) wohnt, und die unangenehmen Eigenschaften hat, auf die ich bereits angespielt habe.“ (S.45/55)

Auf insgesamt 534 Seiten macht sich der Evolutionsbiologe Dawkins eine Menge Gedanken zu dem Thema, wie sich die Existenz Gottes am wirkungsvollsten abstreiten, desavouieren und widerlegen lässt. Fragen wir also: Zu welchen Erkenntnissen kommt Dawkins? Wie können insbesondere Christen zu diesen Schlüssen stehen?

1. „GOTT EXISTIERT MIT ZIEMLICHER SICHERHEIT NICHT“ (S.223).

Gab es nicht schon mutigere Schlußfolgerungen von philosophischer oder naturwissenschaftlicher Seite? Kurzum, die natürliche Selektion nach Darwin, in Verbindung mit dem anthropischen Prinzip (d.h. wir befinden uns bereits auf einem Planeten mit Leben, also brauchen wir uns um die Wahrscheinlichkeit der Entstehung des Lebens keine weiteren Gedanken mehr zu machen), führen zur statistischen Einsicht, dass die Existenz Gottes eine absonderlich unwahrscheinliche Hypothese sei. Nehmen wir an dieser Stelle an, wir seien zwar nicht Atheisten, aber zumindest Agnostiker, dann formuliert Dawkins wie folgt:

„Entweder Gott existiert, oder er existiert nicht. Es ist eine wissenschaftliche Frage. Eines Tages werden wir die Antwort kennen, und bis es soweit ist, können wir einige sehr stichhaltige Ausagen über die Wahrscheinlichkeit machen.“

Jetzt ist an der Zeit, einzuhaken, Bei allem Verständnis für Wissenschaften, die zeitgemäss mehr und mehr zu statistischen Methoden greifen: In letzter Konsequenz stellt sich nicht die Frage der Wahrscheinlichkeit, sondern die Frage der Realität Gottes. Die Naturwissenschaft kann in dieser Frage – mit ihren wissenschaftlichen Methoden – „nur“ Wahrscheinlichkeiten ins Spiel bringen, da ist kein grosser Unterschied zur Philosophie und Theologie: Die Theologen und eine Fraktion der Philosophen halten die Existenz Gottes für höchst wahrscheinlich. Die Frage der Realität Gottes, die muss letztlich jeder für sich selbst abwägen und entscheiden.

2. „VERMUTLICH HAT ES JESUS ALSO TATSÄCHLICH GEGEBEN,

doch sehen renommierte Bibelforscher im Neuen Testament (und erst recht im AT) ganz allgemein keinen zuverlässigen Bericht über die tatsächlichen historischen Ereignisse.“ (S.136)

An dieser Stelle verweise ich auf eine aktuelle Publikation aus 2007, in der es heisst: „Wenn also Geschichte, Faktizität in diesem Sinn, wesentlich zum christlichen Glauben gehört, dann muss er sich der historischen Methode aussetzen – der Glaube selbst verlangt das… Die historisch-kritische Methode – wiederholen wir es – bleibt von der Struktur des christlichen Glaubens her unverzichtbar.“ Papst Benedikt XVI. hat diese Zeilen veröffentlicht („Jesus von Nazareth“, Herder 2007, S.14f.). Als zweite und ergänzende Methode wird die kanonische Exegese angewandt, um historische und evangelikale Forschungen zu ganzheitlichen Erkenntnissen zu führen. Es ist also keine Frage der Wissenschaftlichkeit, denn es bekennen sich atheistische und römisch-katholische Seite zur Anwendung zeitgemässer wissenschaftlicher Methoden, sondern welchen Historikern, Philosophen, und Theologen man die glaubwürdigeren Thesen zuerkennt. Die inhaltlich und historisch besonders fehlerhafte papst- und bibelkritische Argumentation (siehe u.a. die abstruse Ableitung polytheistischer Sehnsüchte von Papst Johannes Paul II.) weist wenig Substanz auf, und ich behaupte, dass sie von Dawkins auch nicht sonderlich ernst genommen wird. Vermutlich hat es Jesus also tatsächlich gegeben, stellt Dawkins in seinem Buch fest. Selbst wenn wir mit Dawkins von der perfiden Annahme ausgingen: „Jesus war ehrlich, hatte aber unrecht.“ (S.130), bleibt die Alternative, mit ihm über Jesus zu sagen:

„…war er sicher einer der grossen ethischen Neuerer der Geschichte. Die Bergpredigt ist Ihrer Zeit weit voraus.“ (S.346)

So können gläubige Menschen – hier mit Rückendeckung eines Naturwissenschaftlers (!) – an ihrer Überzeugung festhalten, Jesus Christus anzuerkennen, und seiner Ethik zu folgen. Come on, Mr. Dawkins, what’s next?

3. „UNSER GESPÜR FÜR DAS GUTE

(ALLERDINGS NICHT UNBEDINGT UNSERE MOTIVATON, IHM ZU FOLGEN) IST MIT GOTT UND OHNE GOTT GENAU DASSELBE.“ (S.152)

Wie Richard Dawkins selbst einräumt, ist die ethische Motivation mit Gott eine höhere. Warum sollen wir an dieser Stelle eine bessere These pro deo (im Sinne einer dem Guten verpflichteten Gesellschaft) finden? Darüber hinaus können wir aus den aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen eine ethische Frage herausgreifen: Ist begleiteter Suizid zu legalisieren oder nicht? Das schweizerische Parlament hat diese Frage mit Berufung auf die Europäischen Menschenrechte mit Ja entschieden. Nun sehe ich mich mit Atheisten und anderen aufgeklärten Bürgern einer Meinung, dass die Europäischen Menschenrechte ein hohes und unverzichtbares Gut unserer westlichen Gesellschaften darstellen. Doch lassen sich diese Menschenrechte ganz offensichtlich von verschiedenen Denkrichtungen her so unterschiedlich interpretieren, dass Christen ein ganz klares Argument für Ihren Glauben sehen: Unter der Annahme eines Universums, dessen Schöpfer menschlichen Lebens sich nicht endgültig widerlegen lässt, kann nur schwerlich gerechtfertigt werden, dass Menschen Ihrem (also nicht auszuschliessender Weise von Gott geschenkten) Leben nach eigenem Gutdünken auf legalisierte Weise ein Ende setzen, namentlich in Form des begleiteten Suizids. Somit Herr Dawkins, sehen Christen höchste Veranlassung, sich für eine Ethik im Sinne des Glaubens auszusprechen, und den Weg des christlichen Lebens fortzusetzen. Werden sie sich nun, aufgrund philosophisch-ethischer Unsicherheiten, im weiteren in die Naturwissenschaften flüchten, Herr Dawkins?

4. „DIE NATÜRLICHE SELEKTION ALS BEWUSSTSEINSERWEITERER“ (S.158).

Natürliche Selektion ist ein additiver Prozess, der das Problem der Unwahrscheinlichkeit in viele kleine Teile zerlegt (S.168). Die natürliche Selektion funktioniert, weil sie eine Einbahnstrasse in Richtung der Verbesserung ist (S.198). Sie zerstört in der Biologie die Illusion der gezielten Gestaltung und lehrt uns, auch in der Physik und Kosmologie gegenüber jeder Gestaltungshypothese misstrauisch zu sein.“ (S.163)

Im Kern sagen sie: Die Darwin’sche Lehre zeigt uns eine Evolution, die ohne Gestaltung und in Folge ohne Gestalter auskommt. Anschliessend meinen sie: „Erstaunt bin ich immer wieder über Theisten, die ihr Bewusstsein keineswegs auf die von mir vorgeschlagene Weise erweitert haben, sondern die natürliche Selektion als ‚Gottes Methode‘, seine Schöpfung zu bewerkstelligen, bejubeln.“ (163f.). Welche renommierten Theologen, Philosophen und Naturwissenschaftler schliessen sie in ihre Pauschalkritik mitein? Es sind an führender Stelle die Vertreter des „kritischen Realismus“ (Critical Realism), die ihr Verständnis ’sich teilweise überschneidender Magisteria‘ (d.h. Naturwissenschaften können die Welt nicht ohne Philosophie bzw. Theologie alleingültig erklären) dagegen setzen, und gegenwärtig in hohem Masse beeinflussen, wie das Verhältnis von Natur- und Sozialwissenschaften verstanden werden kann (siehe Francis Collins und Roy Bhaskar). Die Unvereinbarkeit von Wissenschaft und Religion wird von ihnen, Herr Dawkins, postuliert, aber wo sind die von ihnen immer wieder eingeforderten Belege? In Wirklichkeit ist diese angebliche Unvereinbarkeit von Naturwissenschaft einerseits, Philosophie und Theologie andererseits in höchstem Masse umstritten. Darüber hinaus ist die Suche nach der Welttheorie naturwissenschaftliche Realität, also das Forschen nach der einen letzten Formel, auf die sich alles zurückführen lässt. Die vermutlich sehr hohe Komplexität und Unwahrscheinlichkeit der Formel, die ihre Naturwissenschaftskollegen so gerne fänden, passt nicht in ihre eigene Argumentationskette, denn ihre Kollegen würden dann ebenfalls nach dem Ende der Kausalkette suchen, nach dem wissenschaftlich gar nicht gesicherten Ursprung des Universums oder Multiversums. Lassen wir an dieser Stelle ihren erklärten Gegner, den Philosophen Alister McGrawth, sprechen:

„Weltformel und Gottes Existenz mögen eine hohe Komplexität verlangen, doch der Sprung von der Erkenntnis der Komplexität hin zur Behauptung von deren Unwahrscheinlichkeit ist höchst problematisch. Warum muss etwas Komplexes von vorneherein unwahrscheinlich sein?“ (A.McGrath, Der Atheismuswahn, S.33)

Anders gefragt, muss etwas Komplexes, muss Gott deshalb weniger real sein? Am 22. Oktober 1996 veröffentlichte Papst Johannes Paul II. eine Erklärung der päpstlichen Akademie der Wissenschaften, in der die Auffassung von einer allgemeinen biologischen Evolution gestützt wird. Richard Dawkins selbst zitiert einen Kommentar des Philosophen Michael Ruse (S.97):

„Als Johannes Paul II. in einem Brief den Darwinismus unterstützte, erklärte R. Dawkins nur, der Papst sei ein Heuchler, er könne in der Wissenschaft nicht ehrlich sein, und ihm, Dawkins, sei ein ehrlicher Fundamentalist lieber… Naturwissenschaft ist eine Form des Rationalismus, und Religion ist die am weitesten verbreitetste Form des Aberglaubens.“ (S.98)

Über diese „wissenschaftlichen“ Beurteilungen kann ein rational denkender Mensch nur den Kopf schütteln. Nach Dawkins haben die Religionen sich wissenschaftlich zu rechtfertigen, wodurch sich der mediengewandte Lehrstuhlinhaber auf plakative Feststellungen beschränken kann. Als „Beweisführung“ bekommen wir zu lesen, dass die Evangelien im Schnitt 100 Jahre post Christum an verschiedenen Orten aufgezeichnet wurden, in einigen Punkten nicht übereinstimmen, zudem Übersetzungsfehler nicht ausgeschlossen sind. Nun gilt es an dieser Stelle einzuwenden, dass gerade die christliche Theologie ein auf wissenschaftlichen Methoden (u.a. die historisch-kritische M.) gründendes Quellenstudium betreibt, und in ihren Auslegungen unter anderem Quellen berücksichtigt, die 20 Jahre post Christum datiert werden, und solche, die knapp 2000 Jahre p.C. gefunden wurden, namentlich die Rollen von Qumran (zuletzt kommentiert von Papst Benedikt XVI., Jesus von Nazareth, 2007, S.40f). Da Dawkins zwar alle Religionen ablehnt, aber das Christentum im besonderen reflektiert, ist der Hinweis legitim, dass keine der anderen Weltreligionen wahrhafte Quellenstudien aufzuweisen hat. Wir dürfen an dieser Stelle festhalten: Zunächst ist die natürliche Selektion eine „bewusstseinserweiternde“ These der Naturwissenschaft, die im 21. Jahrhundert weder a priori noch a posteriori in Widerspruch zur christlichen Theologie zu sehen ist. Weiters ist der von Dawkins polemisch postulierte Dualismus (Rationalismus vs. Aberglauben) schlicht unwissenschaftlich, im Sinne der Schule des „kritischen Realismus“ (Critical Realism) abzulehnen, und die Entscheidung gläubiger Menschen für Gott ein weiteres Mal gerechtfertigt. Wie steht es jetzt mit der „Kritik der reinen Religion„, gibt es diese überhaupt?

5. „SELBST WENN MAN DIE WAHRSCHEINLICHKEIT,

DASS LEBEN SPONTAN ENTSTEHT, SEHR PESSIMISTISCH EINSCHÄTZT, IST DIESE STATISTISCHE ARGUMENTATION DER TODESSTOSS FÜR JEDEN GEDANKEN, MAN MÜSSE GEZIELTE GESTALTUNG, „INTELLIGENT DESIGN“, POSTULIEREN, UM DIE LÜCKE ZU FÜLLEN.“ (S.195)

Klar festmachen können wir, dass man die noch unausgegorenen Thesen des „Intelligent Design“ für diese Fragen gar nicht benötigt. Die natürliche Selektion nach Darwin ist die derzeit bestmögliche Erklärung zwar nicht für den Ursprung, aber für die Entwicklung des Lebens auf der Erde. Darüber hinaus kann man mit den Vertretern des „kritischen Realismus“ (CR) die Einschätzung teilen, dass man einen gestaltenden Gott nicht postulieren muss, aber kann. Selbst wenn die heutigen Naturwissenschaften meinen, mit Darwin auch die sogenannten Lücken in der Evolutionsgeschichte erklären zu können: Wie um alles in der Welt soll uns das daran hindern, eine philosophische, eine theologische, und eine gläubige Position einzunehmen, die die Realität Gottes bejaht?
Allein die Formulierung von Dawkins „der Todesstoss“ deutet mehr auf ein Wunschdenken als auf eine Beweisführung, es ist die Diktion eines Kampfes auf Leben und Tod zwischen Naturwissenschaft und Religion. Aber es gibt keine stichhaltigen Belege gegen ein befruchtendes Nebeneinander von aufgeklärter Religion und seriöser Naturwissenschaft. Kopf oder Zahl, Leben oder Tod, wie steht es nun mit ihrer atheistisch-fundamentalistischen Brechstange, Herr Dawkins?

6. „GLAUBE IST GENAU DESHALB BÖSARTIG,

WEIL ER KEINE RECHTFERTIGUNG BRAUCHT, UND KEINE DISKUSSION DULDET. Wenn man Kindern beibringt, dass unhinterfragter Glaube eine Tugend ist…, schafft man die Voraussetzung, um sie in zukünftigen… Kreuzzügen zu tödlichen Waffen zu machen.“ (S.429)

Als gläubiger Christ rechtfertige ich meinen Glauben mir selbst und Gott gegenüber, der Kirche sowie meiner Familie, meinen Freunden, Partnern und Arbeitgebern gegenüber jedenfalls immer dann, wenn es um glaubensmotivierte Entscheidungen geht, die möglicherweise in Konflikt mit Interessen Dritter stehen. Insofern braucht Glaube sehr wohl Rechtfertigung. Wie wir zudem unter 2. gesehen haben, verlangt die von Papst Benedikt XVI. bestätigte Faktizität des Glaubens wissenschaftliche Diskussion und Rechtfertigung. In den laufenden Fragen zur Bioethik oder zum Thema begleiteter Suizid muss der (christliche) Glaube Position beziehen, und sich gegenüber Interessen anderer rechtfertigen.

„Aber ist es nicht… immer eine Form der Kindesmisshandlung, wenn man behauptet, die Kinder besässen einen Glauben, über den sie mit ihrem geringen Alter überhaupt nicht nachgedacht haben können? Dennoch ist genau das bis heute üblich, und es wird fast nie infrage gestellt. Es zu hinterfragen ist (an dieser Stelle) mein wichtigstes Anliegen.“ (S.437f.)

Ich kann das anglikanische Erziehungs- und Schulwesen nicht im Einzelnen beurteilen, sehr wohl aber die konservativen Entsprechungen im deutschsprachigen Raum: Schulen und Kirchen setzen sich immer stärker für eine umfassende Ethik- und Religionserziehung ein, die alle Weltreligionen und alternative Ethiklehren einbezieht. Mein 12jähriger Sohn ist bereits in ausführlicher Weise mit allen Weltreligionen und verschiedenen Ethiklehren konfrontiert worden, und er ist kein Ausnahmefall. Diese Behauptung über die Bösartigkeit des Glaubens ist eher 19. Jahrhundert als Gegenwart. Wo immer gegen das Prinzip der Aufklärung verstossen wird, ist allerdings konsequentes Gegensteuern angesagt, ohne jede Einschränkung. Die Chance, dass mein Sohn und andere Kinder „zu tödlichen Waffen werden„, darf also als äusserst unwahrscheinlich angesehen werden. Wie „gutartig“ sind denn ihre weiteren Thesen, Herr Dawkins, hoffentlich ist ihnen die hier getroffene Einschätzung nicht zu „bösartig„?

7. „MAN POSTULIERT EINEN GOTT,

…DER DEM LEIDEN GEGENÜBER NICHT GLEICHGÜLTIG IST, ES ABER ALS PREIS FÜR EINEN FREIEN WILLEN IN EINEM GEORDNETEN KOSMOS MIT SEINEN GESETZEN BETRACHTET.“ (S.153)

Diese Lösung des Theodizee-Problems (d.h. das Hinterfragen jedes Gottes, der Leiden in der Welt zulässt) entstammt der Feder Richard Dawkins‘ (!). Inhaltlich steht dieses Postulat in keinem Widerspruch mit einem aufgeklärten Glaubensleben im 21. Jahrhundert (oder wie Dawkins formuliert: mit einem Christentum, das von Paulus von Tarsus als eine weniger gnadenlose, monotheistische Sekte des Judentums, die auch weniger exklusiv war und über die Juden hinaus in die übrige Welt blickte). So können sich Gläubige auch unter dem abschliessenden Punkt (7), mit dem Sanktus des Evolutionsbiologen, für Gott entscheiden.

Alister McGrath hat dabei grösserer Bedenken gegen sie, Herr Dawkins, und meint (in „Der Atheismuswahn“, 2007, S.63):

„Dennoch führt „Der Gotteswahn“ diese schamlose Verzerrung der Tatsachen einfach weiter fort. Alternativen werden verspottet und heruntergemacht, ohne dass man sich ernsthaft damit beschäftigt. Ja, es gibt religöse Menschen, die der Wissenschaft gegenüber zutiefst feindlich gesonnen sind. Und ihre Anzahl wird möglicherweise zunehmen. Dies ist meiner Meinung nach Dawkins‘ polemischen Gebrauch der Naturwissenschaften und seinem epischen Kampf gegen die Religionen zu verdanken. Vielleicht ist es an der Zeit, dass die gesamte Fachwelt gegen den Missbrauch ihrer Ideen im Dienste eines atheistischen Fundamentalismus protestiert.“

Für meinen Teil erwarte ich unter den Lesern des Dawkins-Buches eine Polarisierung: Anhänger wie Gegner des Atheismus werden bestärkt. Der Traum Dawkins‘, dass sich Heerscharen von Atheisten outen und formieren, ist weder eine beruhigende noch beunruhigende Vision, denn klare und öffentliche Positionierungen in unserer säkularen Gesellschaft führen dann endgültig zu einer diskussionsintensiven Weiterentwicklung der Religionen und der Kirchenpolitik, ganz im Sinne der Aufklärung.

Schliesslich sehe ich nach 534 Seiten an Unterhaltung, Ärger, Langatmigkeit und Fundamentalismus die Reduktion des Menschen auf seine Ratio, die als irreal abgekanzelte Erfahrung des Übernatürlichen, also die Abschaffung des Menschen in seiner Totalität, in weiterer Ferne denn je.

Dieses Posting ist ein Update dieses Beitrags.
Eine Diskussion gibt es auch hier.
Blog .bewegendes

Bild: www.flickr.com, öffentlich, Tatiana Cardeal.

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68 Kommentare

  1. theolounge

    @Mountainking

    Mir ging es erst mal um den etymologischen Background des Wortes Sintflut. Was den Kontext deiner Interpretation angeht, ist das aber gar nicht so wichtig, sie hat einfach schon das prinzipielle Problem, in weiten Stellen konträr zum Text zu stehen, in dem die Sintflut eindeutig als Strafe geschildert wird.
    Wonach entscheidest du denn, was menschlicher Content ist und was direkt Gottes Wort/Anordnung? Wie verhält es sich beispielsweise bei all den Verboten/Geboten?

    > es sind theologische Reflexionen über Gott.
    Die Gebote: es sind ethische Gebote, die in einen theologischen Kontext gestellt wurden und mit der Person des Mose und dem Gottesberg zusammengebracht wurden. Es spielt sicher bei all dem Gotteserfahrung mit eine wichtige Rolle. Aber es sind auf jeden Fall ethische Gebote, die v.a. auch das Zusammenleben regeln.

    “Sie erkennen plötzlich: Gott will niemanden töten, er will keine Menschenopfer.”

    Auch dies kollidiert mit Dutzenden Stellen, an denen Gott sehr wohl jemanden tötet und töten lässt.

    > ja, es gibt verschiedene Denklinien im AT.

    “Die Erfahrung in Jesus ist dann etwas Besonderes. Hier zeigt sich Gott auf einmal in einer Weise, die man vorher nicht kannte, er gibt viel von sich selbst zu erkennen.”

    Warum erst so spät? Warum werden so zentrale Punkte wie die Trinität oder die Rettung der Welt durch Gottes Sohn nicht im AT thematisiert (ich weiss, die Jesajastelle interpretiert man u.a. so, aber gerade für die Trinität gibt es gar keinen Hinweis)?

    > Es gibt viele Stellen, die auf das NT hinweisen, bzw das NT rückverweist auf viele stellen.

    Ich muss gestehen, dass mir dein theologisches Konzept wenig greifbar und sehr beliebig erscheint. Wenn du bei der Flut davon ausgehst, dass reale Ereignisse theologisch gedeutet wurden, bedeutet das im Endeffekt ja nichts anderes, als dass ihnen eine gottbezogene Deutung erst nachträglich verliehen wurde.

    > ja, das kann sein.

    Das heisst, es könnte gut sein, dass Gott weder für die Flut noch für die Rettung der Überlebenden tatsächlich aktiv verantwortlich war, diese ihm aber dann beides zuschrieben?

    > das könnte sein.

    Die Sicht dürfte bei Atheisten kaum Widerspruch erfahren.

    > Die Menschen machten sicherlich aber eine Gotteserfahrung dergestalt, dass sie Bewahrung erlebten. Das ist m.E. die zentrale Aussage: dass die Flut nicht das letzte ist, sondern Gott für den Menschen sorgt und zudem mit ihm einen Bund eingeht, der fortan gilt.

    “Die Flut war einfach so. Die Erfahrung von Bewahrung und Rettung dagegen ist etwas, was die Menschen tatsächlich so erlebten. Man könnte sagen: rein psychologische Deutung. Ich denke aber, das trifft den Punkt nicht. Es sind tatsächlich Erlebnisse mit Gott, mit der Erfahrung, dass es etwas gibt, was hinter allen Dingen steht – und mit den Menschen in Kontakt treten kann, wenn es will und die Menschen dafür offen sind.”

    Aber die Menschen haben Gott eben auch explizit nicht nur hinter guten, sondern auch hinter grausamen Dingen vermutet. Wenn ich dich recht verstehe, sind für dich nur die ersteren tatsächlich geschehen? Mir fehlt irgendwie einfach der rote Faden, anhand dessen du dich orientierst.

    > Der Gott, den Jesus verkündet, ist vor allem ein Gott der Liebe. Er unterscheidet sich teils vom AT, aber die Entwicklung des AT läuft auf das NT zu.
    Im AT findet man einen Gottesbegriff, der mit Ethik verbunden ist (10 Gebote), der in der Weisheit (Kohelet) ein Gott ist, welcher sehr unnahbar ist (man weiß, es gibt ihn, aber man kommt zu dem Schluss: lebe jeden Tag, er ist ein Geschenk Gottes. Aber alles ist irgendwie Dust in the wind), im NT mit Jesus wird der Gottesbegriff dann sehr stark greifbar und persönlich (auch, wenn er dies im AT oft auch schon ist).

    “hmmmm ? Warum nicht ??? Kann ich jetzt nicht erkennen, wie da eine andere prozentuale Verteilung wahrscheinlicher sein sollte ?”

    Auf der Basis des naturwissenschaftlich gewonnen Wissens, das wir bisher haben und das ich für relevanter halte als subjektive, nicht nachprüfbare Behauptungen, die zudem in tausendfacher und widersprüchlicher Form existieren. Manche der neueren “Gottesbeweise” (Spaemann, Lütz) sagen ja einfach aus, dass Gott existiert, weil wir das wollen. Und so scheint es mir bei dir auch zu sein: es gibt ungelöste Fragen, die für dich nur durch Gott erklärbar sein können, also muss Gott auch existieren. Weil du nicht durch “Zufall” entstanden sein WILLST, kann es auch so nicht sein, weil das Bewusstein nicht naturalistisch erklärt werden darf, kann es das auch nicht werden.

    > es kann tatsächlich nicht allein naturwissenschaftlich erklärt werden…

    Das ist aber intellektuell kaum befriedigend und setzt wiederum eigentlich konträr zu Atheisten/Evolutionsbiologen/Neurowissenschaftlern unsere Erkenntnisfähigkeiten viel zu hoch an. Oder besser: es ignoriert, wie schnell wir uns zu falschen Schlüssen verführen lassen.

    > dazu vielleicht interessant:
    http://kommentare.zeit.de/commentsection/url/2008/07/P-Linde-Valenkin#comment-105601

    ” Das ist ja das Paradoxon, dass wir Menschen im Denken arg begrenzt sind. Man sagt in der Theologie, eine der Eigenschaften Gottes sei die Unendlichkeit, eine andere die, dass er der Urgrund allen Seins ist.”

    Man sagt vieles, wenn man nicht darauf angewiesen ist, es zu belegen. Ich halte auch diesen Aspekt bei dir für sehr widersprüchlich, du reitest einerseits auf unserer begrenzten Denkfähigkeit herum, glaubst aber gleichzeitig, dass derartige Erkenntnisse, die im Gegensatz zu den naturwissenschaftlichen keinerlei Faktenbasis besitzen oder prüfbar sind, zutreffen sollen. Das Bewusstsein können wir nicht erklären, aber korrekte Aussagen über Gott machen?

    > hier ist man bei dem Begriff von Offenbarung.

    “Selbst, wenn man Multiversen hätte (statt nur einem Universum), bleibt das Problem bestehen, woher alles kommt. ”

    Dieses Problem besteht bei einer Schöpfung durch Gott erst recht.
    http://kommentare.zeit.de/commentsection/url/2008/07/P-Linde-Valenkin#comment-105601

    “Das ist noch paradoxer, als der Urkall – dessen Paradoxon irgendwie in unserer Gesellschaft einfach unhinterfragt hingenommen wird. Seltsam eigentlich.”

    Welches Paradoxon? Für paradox halte ich es, die Postulierung eines Gottes für erklärungsmächtiger zu halten als die naturalistischen Theorien. Die Frage, woher alles kommt, wird damit nicht gelöst.

    > das ist Ansichtssache

  2. MountainKing

    „Die Gebote: es sind ethische Gebote, die in einen theologischen Kontext gestellt wurden und mit der Person des Mose und dem Gottesberg zusammengebracht wurden. Es spielt sicher bei all dem Gotteserfahrung mit eine wichtige Rolle. Aber es sind auf jeden Fall ethische Gebote, die v.a. auch das Zusammenleben regeln.“

    Das unterscheidet sich nur in einer Nuance von der Sichtweise, dass es sich um menschengemachte Gebote handelt, die zur besseren Durchsetzung und Rechtfertigung als gottgegeben und -gewollt dargestellt wurden. Die Nuance ist die von dir als deus ex machina eingesetzte „Gotteserfahrung“. Damit baust du dir natürlich eine leicht zu verteidigende Stellung, weil du evtl. unschöne Dinge als Menschenwerk und -sicht interpretieren kannst, aber trotzdem weiter den göttlichen Einfluss, der bei dir aber schwammig bleibt, behauptest. Dies ist aber nicht die einzige Sichtweise und vor allem auch nicht die, gegen die sich Dawkins et.al. vorrangig richten, auch wenn deren Kritik dich mit einschließen würde.

    „Es gibt viele Stellen, die auf das NT hinweisen, bzw das NT rückverweist auf viele stellen.“

    Über die zentralen christlichen Glaubensdogmen gibt es im AT keinerlei Aussagen. Dass es sehr viele konstruierte Rückverweise gibt, ist klar, schließlich ist dies für die entsprechende Legitimation wichtig.

    „Die Menschen machten sicherlich aber eine Gotteserfahrung dergestalt, dass sie Bewahrung erlebten. Das ist m.E. die zentrale Aussage: dass die Flut nicht das letzte ist, sondern Gott für den Menschen sorgt und zudem mit ihm einen Bund eingeht, der fortan gilt.“

    Ist dieser Bundesschluss denn wenigstens historisch geschehen und wie hat er sich geäußert? Wenn es nur eine lokale Naturkatastrophe war, hat es die danach doch genauso weiter gegeben? Deine Interpretation widerspricht fast allem, was in der Sintfluterzählung dargestellt wird und als Fazit bleibt ein diffuses Gefühl übrig, dass manchmal Schlimmes passiert, aber nicht allen.

    „Der Gott, den Jesus verkündet, ist vor allem ein Gott der Liebe. Er unterscheidet sich teils vom AT, aber die Entwicklung des AT läuft auf das NT zu.“

    Wieso unterscheidet sich Gott denn plötzlich so, hat er sich das überlegt und wieso ändert er, was er von den Menschen will?

    „Im AT findet man einen Gottesbegriff, der mit Ethik verbunden ist (10 Gebote), der in der Weisheit (Kohelet) ein Gott ist, welcher sehr unnahbar ist (man weiß, es gibt ihn, aber man kommt zu dem Schluss: lebe jeden Tag, er ist ein Geschenk Gottes. Aber alles ist irgendwie Dust in the wind), im NT mit Jesus wird der Gottesbegriff dann sehr stark greifbar und persönlich (auch, wenn er dies im AT oft auch schon ist)“

    Der Gott des AT ist durchaus für viele Personen – angeblich – greifbar gewesen und zwar in allen möglichen Schattierung und viel direkter/menschlicher als Jesus.

    „> Der Gott, den Jesus verkündet, ist vor allem ein Gott der Liebe.“

    Warum war er das vorher nicht?

    „Er unterscheidet sich teils vom AT, aber die Entwicklung des AT läuft auf das NT zu.“

    Dass man das gern möchte, verstehe ich ja, aber wie schon erwähnt, ist es unbegreiflich, warum ganz wesentliche Grundlagen des christlichen Glaubens im AT in keinster Weise erwähnt werden.

    „> es kann tatsächlich nicht allein naturwissenschaftlich erklärt werden…“

    Das wird auch bei ständiger Wiederholung nicht wahrer, sondern bleibt ein Glaubenssatz, der die Fortschritte und die Erkenntnisse darüber, wie stark unser Bewusstsein mit der Biochemie unseres Gehirnes zusammenhängt, ignoriert. Du postulierst ein Mysterium, um damit ein anderes Mysterium zu erklären. Wenn du behauptest, dass wir nie wissen können, wie das Bewusstsein funktioniert, kannst du daraus nicht einfach folgern, dass dieses Nichtwissen die Existenz Gottes beweisen würde, dann dazu müsstest du eben WISSEN, dass es da einen Zusammenhang gibt.

    “ das ist Ansichtssache“

    Nein, du setzt einfach einen Punkt fest, an dem du nicht mehr nachfragen willst, nachdem du nämlich bei Gott angekommen bist. Das kann man genauso für den Urknall machen und sagen, was davor kam, ist für uns nicht erklärbar, so wie du es bei Gott machst. Es ist ein Unterschied, ob man eine Frage nicht beantworten kann oder ob man sie gar nicht stellt.

  3. theolounge

    @Mountainking

    schnell noch ein paar Kurzantworten

    Das unterscheidet sich nur in einer Nuance von der Sichtweise, dass es sich um menschengemachte Gebote handelt, die zur besseren Durchsetzung und Rechtfertigung als gottgegeben und -gewollt dargestellt wurden.

    > es gibt hier sicher viele Sichtweisen. Eine ist, dass es ethische Gebote von Menschen sind, die in einen theologischen Rahmen gestellt werden. Das heißt allerdings nicht, dass der theologische Rahmen frei erfunden wurde.

    Dies ist aber nicht die einzige Sichtweise und vor allem auch nicht die, gegen die sich Dawkins et.al. vorrangig richten, auch wenn deren Kritik dich mit einschließen würde.

    > Dawkins richtet sich wohl gegen Fundamentalchristen, denke ich.

    “Es gibt viele Stellen, die auf das NT hinweisen, bzw das NT rückverweist auf viele stellen.”

    Über die zentralen christlichen Glaubensdogmen gibt es im AT keinerlei Aussagen. Dass es sehr viele konstruierte Rückverweise gibt, ist klar, schließlich ist dies für die entsprechende Legitimation wichtig.

    > es gibt auch viele Stellen, die auf Jesus hinweisen. Drum hat man ja zum NT in den Kanon das AT mit aufgenommen. Zudem entwickelt sich der Gottesbegriff aus dem Judentum heraus, ist also quasi die Basis, um das Geschehen mit JEsus deuten zu können.

    “Die Menschen machten sicherlich aber eine Gotteserfahrung dergestalt, dass sie Bewahrung erlebten. Das ist m.E. die zentrale Aussage: dass die Flut nicht das letzte ist, sondern Gott für den Menschen sorgt und zudem mit ihm einen Bund eingeht, der fortan gilt.”

    Ist dieser Bundesschluss denn wenigstens historisch geschehen und wie hat er sich geäußert?

    > das kann man schwer sagen. Es ist auf jeden Fall eine Glaubensaussage, die über das Verhältnis Gott-Mensch gemacht werden soll.

    Wenn es nur eine lokale Naturkatastrophe war, hat es die danach doch genauso weiter gegeben? Deine Interpretation widerspricht fast allem, was in der Sintfluterzählung dargestellt wird und als Fazit bleibt ein diffuses Gefühl übrig, dass manchmal Schlimmes passiert, aber nicht allen.

    > ich sehe es so, dass diese Erfahrung gemacht wurde, die Erfahrung einer großen Flut. Dies deutete man dann in Bezug auf Gott. Ist es ein Böser Gott ? Nein, letztlich nciht, denn er gibt auch Heil, er stiftet einen neuen Bund, der nicht mehr gebrochen werden kann.

    “Der Gott, den Jesus verkündet, ist vor allem ein Gott der Liebe. Er unterscheidet sich teils vom AT, aber die Entwicklung des AT läuft auf das NT zu.”

    Wieso unterscheidet sich Gott denn plötzlich so, hat er sich das überlegt und wieso ändert er, was er von den Menschen will?

    > nicht Gott unterscheidet sich, sondern das Gottesbild. Durch Jesus zeigt sich Gott in besonderer Weise. Daher kann man nun sagen, wie Gott ist – das ist ja die christliche Botschaft.

    “Im AT findet man einen Gottesbegriff, der mit Ethik verbunden ist (10 Gebote), der in der Weisheit (Kohelet) ein Gott ist, welcher sehr unnahbar ist (man weiß, es gibt ihn, aber man kommt zu dem Schluss: lebe jeden Tag, er ist ein Geschenk Gottes. Aber alles ist irgendwie Dust in the wind), im NT mit Jesus wird der Gottesbegriff dann sehr stark greifbar und persönlich (auch, wenn er dies im AT oft auch schon ist)”

    Der Gott des AT ist durchaus für viele Personen – angeblich – greifbar gewesen und zwar in allen möglichen Schattierung und viel direkter/menschlicher als Jesus.

    > ja, sicher war er für viele sehr greifbar und sicher gibt es viele Gotteserfahrungen, die im AT behandelt werden. Sonst gäbe es das AT ja nicht in dieser Form.

    “> Der Gott, den Jesus verkündet, ist vor allem ein Gott der Liebe.”

    Warum war er das vorher nicht?

    > Weil es eben unterschiedliche Charakterzüge Gottes sind, die im AT dargestellt werden. Das Gottesbild hab sich geändert etwas.

    “Er unterscheidet sich teils vom AT, aber die Entwicklung des AT läuft auf das NT zu.”

    Dass man das gern möchte, verstehe ich ja, aber wie schon erwähnt, ist es unbegreiflich, warum ganz wesentliche Grundlagen des christlichen Glaubens im AT in keinster Weise erwähnt werden.

    > es ist die DEnkgrundlage fürs NT. Aufgrund der theologischen Sicht des AT wurde die Deutung der Geschehnisse im NT erst möglich. Ohne diese Grundlage hätte man sie vielleicht gar nicht so intensiv wahrgenommen.

    “> es kann tatsächlich nicht allein naturwissenschaftlich erklärt werden…”

    Das wird auch bei ständiger Wiederholung nicht wahrer, sondern bleibt ein Glaubenssatz, der die Fortschritte und die Erkenntnisse darüber, wie stark unser Bewusstsein mit der Biochemie unseres Gehirnes zusammenhängt, ignoriert. Du postulierst ein Mysterium, um damit ein anderes Mysterium zu erklären. Wenn du behauptest, dass wir nie wissen können, wie das Bewusstsein funktioniert, kannst du daraus nicht einfach folgern, dass dieses Nichtwissen die Existenz Gottes beweisen würde, dann dazu müsstest du eben WISSEN, dass es da einen Zusammenhang gibt.

    > Nein, die Existenz Gottes folgt daraus nicht zwangsläufig.

    Aber Du solltest unterscheiden: Denken als neuronales Netz: das wird man womöglich immer mehr simulieren können.

    Bewußtsein als philosophisches Rätsel wird aber wohl nie gelöst werden: wo steckt das Bewußtsein ? In den mehreren Billionen Zellen des GEhirns ? Wie kann das sein, wenn jede einzelne Zelle doch nur eine Zelle ist ? Könnte demnach analog eine Menschenmenge auch ein übergeordnetes Bewußtsein haben ?

    ” das ist Ansichtssache”

    Nein, du setzt einfach einen Punkt fest, an dem du nicht mehr nachfragen willst, nachdem du nämlich bei Gott angekommen bist. Das kann man genauso für den Urknall machen und sagen, was davor kam, ist für uns nicht erklärbar, so wie du es bei Gott machst. Es ist ein Unterschied, ob man eine Frage nicht beantworten kann oder ob man sie gar nicht stellt.

    > die Aufgabe von Theologen und Philosophen ist aber, diese Fragen zu stellen. Auch, wenn jeder Mensch seine eigenen Antworten finden muss.
    Wir geben Deutungsmuster vor, denen man sich anschließen kann oder auch nicht, oder an denen man sich reiben kann und selbst weiterdenken kann.

  4. MountainKing

    Ich hoffe, dein Examen läuft soweit gut. 🙂

    „es gibt hier sicher viele Sichtweisen. Eine ist, dass es ethische Gebote von Menschen sind, die in einen theologischen Rahmen gestellt werden. Das heißt allerdings nicht, dass der theologische Rahmen frei erfunden wurde.“

    Irgendwann müsstest du aber einmal einige handfeste Gründe für die Existenz eines solchen Rahmens bzw. dessen Grundierung in der Realität angeben. Bisher hast du ja alle Punkte relativiert. Und wenn es so viele Sichtweisen sind, die originär menschlich sind und denen eine theologische Begründung übergestülpt wurde, warum kann dies nicht auf alle zutreffen?

    „es gibt auch viele Stellen, die auf Jesus hinweisen. Drum hat man ja zum NT in den Kanon das AT mit aufgenommen. Zudem entwickelt sich der Gottesbegriff aus dem Judentum heraus, ist also quasi die Basis, um das Geschehen mit JEsus deuten zu können.“

    Das letztere ist natürlich keine Frage. Viel weniger deutlich sind aber, wie gesagt, die Hinweise auf Jesus im AT. Wenn dies so deutlich wäre, warum lassen sich die Juden davon bisher nicht überzeugen und die Muslime auch nicht?

    „ich sehe es so, dass diese Erfahrung gemacht wurde, die Erfahrung einer großen Flut. Dies deutete man dann in Bezug auf Gott. Ist es ein Böser Gott ? Nein, letztlich nciht, denn er gibt auch Heil, er stiftet einen neuen Bund, der nicht mehr gebrochen werden kann.“

    Aber das würde in diesem Kontext ja nicht stimmen, weil derartige Katastrophen weiterhin stattfanden. Die ganze Begründung des Bundes steht und fällt eigentlich mit dem ungeheuren Ausmaß der Katastrophe. Und deine Interpretation ist letztlich willkürlich dahingehend, dass man, nachdem man positive und negative Erfahrungen gemacht hat, einfach nur letztere auf Gott bezieht, zumindest machst du das, die ursprünglichen Autoren dezidiert nicht.

    „es ist die DEnkgrundlage fürs NT. Aufgrund der theologischen Sicht des AT wurde die Deutung der Geschehnisse im NT erst möglich. Ohne diese Grundlage hätte man sie vielleicht gar nicht so intensiv wahrgenommen.“

    Trotzdem ist es doch ein sehr unlogisches Verhalten, wenn Gott seinem auserwählten Volk über Jahrhunderte ein bestimmtes Bild seiner selbst malt und Abweichungen streng bestraft und dann plötzlich eine völlig neue Sichtweise (Trinität) als einzig korrekte erscheint.

    „Bewußtsein als philosophisches Rätsel wird aber wohl nie gelöst werden: wo steckt das Bewußtsein ? In den mehreren Billionen Zellen des GEhirns ?“

    Ja?

    „Wie kann das sein, wenn jede einzelne Zelle doch nur eine Zelle ist ?“

    Weil sie mit den anderen durch elektrische Signale kommuniziert?

    „Könnte demnach analog eine Menschenmenge auch ein übergeordnetes Bewußtsein haben ?“

    In diesem Sinne wohl eher nicht, weil keine entsprechenden Signalübertragungen stattfinden (zumindest sind bisher keine bekannt). Massenphänomene sind auf eine andere Art aber vorhanden und erklärbar.

    „die Aufgabe von Theologen und Philosophen ist aber, diese Fragen zu stellen. Auch, wenn jeder Mensch seine eigenen Antworten finden muss.“

    Aber das ist doch das Problem: du stellst die Frage nicht mehr, weil du festlegst, dass bei Gott die Fragen nach dem Ursprung aufhören muss. Dies wiederum ergibt sich aus deiner Definition von Gott, die wiederum voraussetzt, dass dieser überhaupt existiert. Letztlich bleibt das Ganze zirkelschlüssig.

    Zum Ursprungsthema habe ich mal noch diesen Link, der sich mit McGraths Darstellung von Dawkins Sichtweisen beschäftigt. Mir scheint, dass eine ganze Reihe der von ihm gemachten Fehler sich in die Argumentation von Kroski eingeschlichen haben:

    http://homepages.shu.ac.uk/~llrdjb/shs/delusion.html

  5. theolounge

    @Mountainking

    Ich hoffe, dein Examen läuft soweit gut.

    ja, danke,werde mich aber jetzt mal zurückziehen zum lernen die nächste Woche…

    “es gibt hier sicher viele Sichtweisen. Eine ist, dass es ethische Gebote von Menschen sind, die in einen theologischen Rahmen gestellt werden. Das heißt allerdings nicht, dass der theologische Rahmen frei erfunden wurde.”

    Irgendwann müsstest du aber einmal einige handfeste Gründe für die Existenz eines solchen Rahmens bzw. dessen Grundierung in der Realität angeben. Bisher hast du ja alle Punkte relativiert. Und wenn es so viele Sichtweisen sind, die originär menschlich sind und denen eine theologische Begründung übergestülpt wurde, warum kann dies nicht auf alle zutreffen?

    >> ich denke, sie wurde nicht übergestülpt. Sondern im theologischen Rahmen wurden Dinge interpretiert. Also sie sind damit nicht einfach nur ausgedachte Dinge, sondern schon Erlebnisse.

    “es gibt auch viele Stellen, die auf Jesus hinweisen. Drum hat man ja zum NT in den Kanon das AT mit aufgenommen. Zudem entwickelt sich der Gottesbegriff aus dem Judentum heraus, ist also quasi die Basis, um das Geschehen mit JEsus deuten zu können.”

    Das letztere ist natürlich keine Frage. Viel weniger deutlich sind aber, wie gesagt, die Hinweise auf Jesus im AT. Wenn dies so deutlich wäre, warum lassen sich die Juden davon bisher nicht überzeugen und die Muslime auch nicht?

    >> Weiß ich nicht, musst Du sie fragen. Wahrscheinlich, weil es viele Meinungen gibt. Wenn ich behaupte, die Unendlichkeit existiert nicht, dann stimmt mir auch nicht jeder zu -selbst , wenn ich damit richtig läge.

    “ich sehe es so, dass diese Erfahrung gemacht wurde, die Erfahrung einer großen Flut. Dies deutete man dann in Bezug auf Gott. Ist es ein Böser Gott ? Nein, letztlich nciht, denn er gibt auch Heil, er stiftet einen neuen Bund, der nicht mehr gebrochen werden kann.”

    Aber das würde in diesem Kontext ja nicht stimmen, weil derartige Katastrophen weiterhin stattfanden. Die ganze Begründung des Bundes steht und fällt eigentlich mit dem ungeheuren Ausmaß der Katastrophe. Und deine Interpretation ist letztlich willkürlich dahingehend, dass man, nachdem man positive und negative Erfahrungen gemacht hat, einfach nur letztere auf Gott bezieht, zumindest machst du das, die ursprünglichen Autoren dezidiert nicht.

    >> ne, man bezieht beide auf Gott. Drum gibt es ja auch das Bild des zürnenden Gottes im AT. Ich wollte damit nur mal etwas zur Entstehungsgeschichte aussagen.

    “es ist die DEnkgrundlage fürs NT. Aufgrund der theologischen Sicht des AT wurde die Deutung der Geschehnisse im NT erst möglich. Ohne diese Grundlage hätte man sie vielleicht gar nicht so intensiv wahrgenommen.”

    Trotzdem ist es doch ein sehr unlogisches Verhalten, wenn Gott seinem auserwählten Volk über Jahrhunderte ein bestimmtes Bild seiner selbst malt und Abweichungen streng bestraft und dann plötzlich eine völlig neue Sichtweise (Trinität) als einzig korrekte erscheint.

    > Man geht eben davon aus, dass in Jesus etwas neues geschah, dass Gott sich als Person selbst mitteilte. Vielleicht sind die Darstellungen des AT Facetten davon, oder auch Interpretationen.

    “Bewußtsein als philosophisches Rätsel wird aber wohl nie gelöst werden: wo steckt das Bewußtsein ? In den mehreren Billionen Zellen des GEhirns ?”

    Ja?

    “Wie kann das sein, wenn jede einzelne Zelle doch nur eine Zelle ist ?”

    Weil sie mit den anderen durch elektrische Signale kommuniziert?
    >> ja, aber wo steckt das „ich“ ? Der Mensch könnte genausogut ohne Bewußtsein funktionieren – als Denkapparat. Man würde nach außen hin keinen Unterschied erkennen können. Ein Bewußtsein wäre nicht notwendig.

    “Könnte demnach analog eine Menschenmenge auch ein übergeordnetes Bewußtsein haben ?”

    In diesem Sinne wohl eher nicht, weil keine entsprechenden Signalübertragungen stattfinden (zumindest sind bisher keine bekannt). Massenphänomene sind auf eine andere Art aber vorhanden und erklärbar.

    >> die Menschen kommunizieren miteinander: das IST eine Signalübertragung (!)

    “die Aufgabe von Theologen und Philosophen ist aber, diese Fragen zu stellen. Auch, wenn jeder Mensch seine eigenen Antworten finden muss.”

    Aber das ist doch das Problem: du stellst die Frage nicht mehr, weil du festlegst, dass bei Gott die Fragen nach dem Ursprung aufhören muss. Dies wiederum ergibt sich aus deiner Definition von Gott, die wiederum voraussetzt, dass dieser überhaupt existiert. Letztlich bleibt das Ganze zirkelschlüssig.

    >> ja, sowas bleibt immer ein Zirkelschluß 😉 Die Argumentation dagegen ebenfalls. Es sei denn, man geht davon aus, dass es eben so etwas wie Offenbarung gibt, die den Menschen aus seiner eigenen Denkweise etwas befreit.

    Zum Ursprungsthema habe ich mal noch diesen Link, der sich mit McGraths Darstellung von Dawkins Sichtweisen beschäftigt. Mir scheint, dass eine ganze Reihe der von ihm gemachten Fehler sich in die Argumentation von Kroski eingeschlichen haben:

    http://homepages.shu.ac.uk/~llrdjb/shs/delusion.html

    >> ups, ist mir zu lang zum Lesen momentan, sorry ! ich finde die Argumentation von Kroski schon recht stichhaltig. Kannst ihn mal dazu fragen, falls er noch Lust und Zeit hat (dies ist ja irgendwie eine Debatte, die man noch sehr lange führen könnte … 😉 )

    Also bis demnächst mal, in 1,5 Wochen siehts bei mir wieder besser aus…

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